Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

Mit dem Wolkenmangel hängt unmittelbar die außerordentliche 
lange effektive Sonnenscheindauer in Ägypten zusammen. Sie ist 
hier allerdings erst seit einer kurzen Reihe von Jahren in Kairo und 
Alexandrien gemessen (in Khartum seit 1906). Bei der außerordentlich 
geringen Bewölkung wird die effektive Sonnenscheindauer der mög 
lichen fast gleich sein, d. h. den ganzen Tag über anhalten. 
In Kairo beträgt die Sonnenscheindauer im Jahresdurchschnitt 8h 301, in 
Alexandrien 8h 341 und in Khartum nur 8h 171. 
In Wien im Jahresmittel 5h 21, im Dezember und Jänner aber nur ca. 
lh 501, während sie dann in Kairo ca. 5h 481 beträgt! 
Neben der geringen Bewölkung und dem hellen, langen Sonnen 
schein fällt uns in Ägypten ganz besonders die so sehr geringe Regen 
menge auf. 
Abgesehen von wenigen Tagen im Winter ist dieselbe in der 1 at schon 
in Kairo verschwindend. Es fielen im Jahresdurchschnitt hier nur 32(5 mm (in 
Wien &95 mm\), verteilt über den Herbst bis Frühling (inklusive). Vom Juni 
bis September kommen nur sehr selten Tropfen vor; der meiste Regen fällt im 
Dezember (selten mal in stärkerer Menge, so 39'5 mm am 10. Dezember 1884. 
Während man bisher besonders auf Grund der eingehenden Studien über 
das Klima der Mittelmeerländer von Th. Fischer 1 ) (Petermatms Mitteilungen. Er 
gänzungsheft 58, 1870) als feststehend annahm, daß in früheren aber auch noch 
in geschichtlichen Perioden das Klima Ägyptens und Syriens, ja ganz Nordost 
afrikas anders, speziell ein viel regenreicheres gewesen sei, glaubt neuerdings 
Huntington (Americ. Geog. Society, Sept. 1908) die Annahme einer Klima 
veränderung im Norden Afrikas, Palästina etc. in frühgcschichtliche Zeit zurück 
weisen zu sollen. Er meint vielmehr, daß die Verödung und Vertrocknung 
dieser Gegenden und das Verschwinden der Städte, wie Palmyra etc., mit politi 
schen und sozialen Umwälzungen und Handelsverschiebungen zusammenhängt, 
wie auch Karthago, Meroe und andere Städte in Mesopotamien aus politischen, 
nicht aus meteorologischen Gründen verschwunden sind. 
Allein außer den angegebenen Gründen, die dafür sprechen, daß auch im 
nördlichen Ägypten (Nordafrika überhaupt) bedeutend größere Regenmassen 
niedergingen, sprechen noch andere Dinge zu deutlich dafür. So hat man alte, 
gut entwickelte Dränierungssysteme aufgedeckt, die weit über die Bedürfnisse des 
heutigen Regenfalles hinausgehen. An den Tempeln brachten die alten Ägypter 
Wasserabflüsse für Regen an, selbst noch südlich an den Tempeln der Insel 
Philä, die heute ganz zwecklos erscheinen würden. 
Südlich von Heluan, im Wadi Geraui, hat Professor Schweinfurth schon 
vor geraumer Zeit einen großen Staudamm gegen Regenwasser aufgefunden, von 
derartigen Dimensionen (Dr. H. Burmester schätzt ihn auf 8—10 /« Höhe und 
80- 100 m Länge), daß derselbe unzweifelhaft zum Schutze gegen ganz bedeutend 
stärkere Wassermengen errichtet wurde, als jetzt niedergehen. Schon die Tiefe 
und Länge der Gebirgstäler spricht dafür. 
Ebenso sprechen die Reste des versteinerten Waldes östlich von Kairo 
auf dem Mokattam eine beredte, nicht mißzuversteher.de Sprache, und schließlich 
desgleichen Abdrücke von Baumblättern, wie der immergrünen Eiche und anderer 
großblätteriger Pflanzen, die man bei Farshut (Kenneh) und in der Oasis Kherge 
in dem die Sandsteinklippen bedeckenden Kalktuff gefunden hat. 
Wenn man demnach die gesamten geologischen, die früh- und neugeschicht 
lichen Verhältnisse der Flora und Fauna überblickt, wird man durchaus zu dem 
Schluß gedrängt, daß das gesamte Nordafrika, Palästina und Syrien einst, und 
noch in geschichtlicher Zeit, ein anderes, und zwar beträchtlich regenreicheres 
Klima gehabt hat. 
i) Siehe: »Das Winterklima Ägyptens« von Dr. Engel Bey.
	        
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