Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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Wasser verdunstet und dadurch entsprechend abkühlt, so daß unser 
Körper sich ungefähr wie das feuchte Thermometer des Hygrometers 
(des Feuchtigkeitsmessers) verhält. Man hat deshalb die Temperatur, 
die dasselbe anzeigt, auch die »sensible« Temperatur genannt. Selbst 
wenn die Lufttemperatur auf Bluttemperatur und darüber erhitzt ist, 
wird unser Organismus durch diese Abkühlung lebensfähig erhalten. 
Meistens ist aber die Abkühlung hier eine derartig starke, daß die in 
Kairo doch noch nicht überhohen Temperaturen nur lästig werden, 
wenn man sich körperlich anstrengen muß. Immerhin hat auch bei 
größter Trockenheit die Möglichkeit, wohl und gesund bei hohen 
Temperaturen zu bleiben, sowohl in der Konstitution wie auch in der 
Höhe dieser Phänomene ihre Grenze, da sowohl die Lunge, wie be 
sonders die Haut durch übergroße Inanspruchnahme derselben für die 
nötige Verdunstung, weiterhin das Herz wegen der dadurch erforder 
lichen viel stärkeren Blutzirkulation und eventuell indirekt noch andere 
Organe alsbald geschädigt werden. 
Sonnenstich oder Hitzschläge, die in viel gemäßigteren Klimaten 
durchaus nicht selten sind, kommen hier kaum vor. Dennoch vergesse man 
nicht, daß die Sonnenstrahlung hier eine sehr intensive ist. (Kopf 
bedeckung !) 
Vielmehr ist es die lange Dauer der Hitze, die unseren Organis 
mus in Ägypten mit der Zeit erschlafft und auch der feuchtere Herbst. 
Sodann möchte ich mit ein paar Worten auf die Chamsine, die ich 
wiederholt anführte, zurükkommen. Wie wir sahen, setzen diese Südsüdwest 
winde anfangs März ein, verursacht durch Zyklone auf dem Mittelmeer. Der 
Verlauf dieses Phänomenes ist dabei gewöhnlich so, daß am ersten Tag wohl 
das Barometer sinkt und am Himmel leichter Dunst erscheint, der Wind aber ge 
wöhnlich ruhig ist und man kaum die beginnende Temperaturerhöhung fühlt, 
sondern nur so etwas wie eine eigentümliche elektrische (?) Spannung. Am 
zweiten und dritten Tag verstärken sich diese Phänomene. Die Atmosphäre füllt 
sich mit dem Sandstaub der Wüste, so daß der Sonnenglanz erlischt und sie oft 
nur wie eine trübe gelbe Scheibe durch den ganz bedeckten Himmel scheint; 
die ganze Atmosphäre nimmt einen eigentümlichen gelbgrauen fahlen Ton an. 
Der Wind hebt sich bisweilen erheblich und die heißen Wellen schlagen uns 
wie Backofenluft entgegen. Das Barometer sinkt relativ stark und man fühlt sich 
nervös unbehaglich. Die Nächte sind jedoch gewöhnlich dabei klar und die 
Temperatur kühlt etwas ab, doch können die Chamsine auch in der Nacht be 
ginnen, wie sie überhaupt durchaus nicht regelmäßig verlaufen. Man sagt zwar 
im allgemeinen, sie dauerten drei Tage, das ist aber nicht z.utreffend, sie können 
1 2, aber auch bis 5 Tage dauern, oder einsetzen, nachlassen und von neuem 
beginnen und sich mitunter über 8 Tage hinziehen. Im März treten sie meistens 
1 -2mal auf, im April öfter, und lassen im Mai wieder nach. Während der April 
dabei aber durchschnittlich schon recht warm ist, treten im März, wie bei uns 
im Mai, recht fühlbare Kälterückschläge auf, da dann die Temperaturen noch 
niedriger sind. Wenn nämlich der Chamsin auf die oben angegebene Weise 
einige Tage anschwellend oder schwankend angehalten hat, tritt ganz plötzlich 
ein Umschwung des Wetters ein; das Barometer steigt rapid, die Luft bekommt 
einen ganz andern Charakter, was man fast durchwegs zuerst empfindet (dadurch, 
daß die elektrische Spannung nachläßt?); der Wind dreht sich nach West und Nord 
west, gewöhnlich von vornherein mit beträchtlicher Stärke einsetzend; der Himmel 
bedeckt sich mehr minder mit Regenwolken und unter stark steigender Feuchtig 
keit fällt dann und wann unter kurzen Gewittern etwas Regen. 
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