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Wasser verdunstet und dadurch entsprechend abkühlt, so daß unser
Körper sich ungefähr wie das feuchte Thermometer des Hygrometers
(des Feuchtigkeitsmessers) verhält. Man hat deshalb die Temperatur,
die dasselbe anzeigt, auch die »sensible« Temperatur genannt. Selbst
wenn die Lufttemperatur auf Bluttemperatur und darüber erhitzt ist,
wird unser Organismus durch diese Abkühlung lebensfähig erhalten.
Meistens ist aber die Abkühlung hier eine derartig starke, daß die in
Kairo doch noch nicht überhohen Temperaturen nur lästig werden,
wenn man sich körperlich anstrengen muß. Immerhin hat auch bei
größter Trockenheit die Möglichkeit, wohl und gesund bei hohen
Temperaturen zu bleiben, sowohl in der Konstitution wie auch in der
Höhe dieser Phänomene ihre Grenze, da sowohl die Lunge, wie be
sonders die Haut durch übergroße Inanspruchnahme derselben für die
nötige Verdunstung, weiterhin das Herz wegen der dadurch erforder
lichen viel stärkeren Blutzirkulation und eventuell indirekt noch andere
Organe alsbald geschädigt werden.
Sonnenstich oder Hitzschläge, die in viel gemäßigteren Klimaten
durchaus nicht selten sind, kommen hier kaum vor. Dennoch vergesse man
nicht, daß die Sonnenstrahlung hier eine sehr intensive ist. (Kopf
bedeckung !)
Vielmehr ist es die lange Dauer der Hitze, die unseren Organis
mus in Ägypten mit der Zeit erschlafft und auch der feuchtere Herbst.
Sodann möchte ich mit ein paar Worten auf die Chamsine, die ich
wiederholt anführte, zurükkommen. Wie wir sahen, setzen diese Südsüdwest
winde anfangs März ein, verursacht durch Zyklone auf dem Mittelmeer. Der
Verlauf dieses Phänomenes ist dabei gewöhnlich so, daß am ersten Tag wohl
das Barometer sinkt und am Himmel leichter Dunst erscheint, der Wind aber ge
wöhnlich ruhig ist und man kaum die beginnende Temperaturerhöhung fühlt,
sondern nur so etwas wie eine eigentümliche elektrische (?) Spannung. Am
zweiten und dritten Tag verstärken sich diese Phänomene. Die Atmosphäre füllt
sich mit dem Sandstaub der Wüste, so daß der Sonnenglanz erlischt und sie oft
nur wie eine trübe gelbe Scheibe durch den ganz bedeckten Himmel scheint;
die ganze Atmosphäre nimmt einen eigentümlichen gelbgrauen fahlen Ton an.
Der Wind hebt sich bisweilen erheblich und die heißen Wellen schlagen uns
wie Backofenluft entgegen. Das Barometer sinkt relativ stark und man fühlt sich
nervös unbehaglich. Die Nächte sind jedoch gewöhnlich dabei klar und die
Temperatur kühlt etwas ab, doch können die Chamsine auch in der Nacht be
ginnen, wie sie überhaupt durchaus nicht regelmäßig verlaufen. Man sagt zwar
im allgemeinen, sie dauerten drei Tage, das ist aber nicht z.utreffend, sie können
1 2, aber auch bis 5 Tage dauern, oder einsetzen, nachlassen und von neuem
beginnen und sich mitunter über 8 Tage hinziehen. Im März treten sie meistens
1 -2mal auf, im April öfter, und lassen im Mai wieder nach. Während der April
dabei aber durchschnittlich schon recht warm ist, treten im März, wie bei uns
im Mai, recht fühlbare Kälterückschläge auf, da dann die Temperaturen noch
niedriger sind. Wenn nämlich der Chamsin auf die oben angegebene Weise
einige Tage anschwellend oder schwankend angehalten hat, tritt ganz plötzlich
ein Umschwung des Wetters ein; das Barometer steigt rapid, die Luft bekommt
einen ganz andern Charakter, was man fast durchwegs zuerst empfindet (dadurch,
daß die elektrische Spannung nachläßt?); der Wind dreht sich nach West und Nord
west, gewöhnlich von vornherein mit beträchtlicher Stärke einsetzend; der Himmel
bedeckt sich mehr minder mit Regenwolken und unter stark steigender Feuchtig
keit fällt dann und wann unter kurzen Gewittern etwas Regen.
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