Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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Über dem Meere schon, aber noch mehr über den ganz unge 
heuren Flächen der Wüsten gibt es keine Ausdünstungen irgend welcher 
Art, keine Städte, keine Dörfer, keine Pflanzen-, keine Tieranhäufungen; 
ist doch überhaupt weit und breit kein lebendes Wesen, kein Strauch, 
kein Baum zu sehen und somit auch keine Fäulnis- und Verwesungs 
prozesse, hier gibt es keine Fabriken, keine Schlote, welche die Luft mit 
schlechten Gasen und Rauch verderben. Die Luft über den Wüsten ist rein 
wie die auf den Spitzen der Berge — »wie die Luft am ersten Lage der 
Schöpfung . (Washington Irving.) So wie größere organische Wesen In 
der Wüste des Wassermangels halber nicht leben können, so fehlen 
hier auch die Krankheit bringenden Keime, und was sich in dieselbe 
hineinwagt oder hineingetragen wird, die heißen Strahlen der Sonne 
verdorren es bald und das Licht derselben tötet es in kurzer Frist. 
Somit strömt, von den goldenen Strahlen der Sonne durch 
leuchtet, ein Meer wunderbar reinster Luft aus den Wüsten über 
Ägypten hin; die Wüste, die alle organischen Keime tötet, ist dem 
Menschen ein ewig frischer Quell das Lebens. 
Aber wo die Menschen wandeln, da heften sich die Krankheiten 
an seine Sohlen, und wo sie sich im niederen Tal, in Dörfern und 
Städten, eng aneinanderdrängen, da wuchern üppig und umschwärmen 
sie die Verderben bringenden Keime, die über dies Land aus der 
Büchse der Pandora in überreichem Maße ausgeschüttet wurden. Darum 
sollen sie die Wohnungen so bauen, daß Sonne und Luft sie umfluten 
können, und sie sollen Fenster und Türen weit aufmachen, daß das 
reinigende Sonnenlicht und die reine Luft der Wüste hineindringen 
und die unheimlichen feindlichen Gäste vertreiben und töten hann. 
Damit komme ich zu dem zweiten Teil meiner Besprechung, der 
Erörterung über die hygienischen Verhältnisse Ägyptens. 
Die hygienischen Verhältnisse Ägyptens. 
Historisches. Schon gegen 1820 setzte der große Mehemed Ali einen 
Sanitätsdienst zunächst für das Heer ein, der sich aber sehr bald auch mit 
Zivilhygiene befaßte und schon 1825 wurde in Kairo ein »Conseil de Santd« ein 
gerichtet, der die hygienischen Fragen sowohl des Militärs wie des Landes zu 
regeln hatte. 1831 wurde dann in Alexandrien eine »Intendance de Sante publique« 
eingesetzt, welche, aus dem Konsularkorps hervorgehend, speziell mit der Über 
wachung der Küstenplätze gegen Einschleppung ansteckender Krankheiten betraut 
war. Die Namen beider Sanitätsbehörden wechselten im Laufe der Jahre verschiedent 
lich, sowie auch ihre Kompetenzen, wegen der sie vielfach in Konflikt gerieten. 
Es wurde aber immerhin in kurzer Zeit anfänglich viel geleistet, in den Städten 
wurden Hospitäler gegründet, unter europäischen Ärzten in Kairo eine (zunächst 
Militär-) Medizinschule, ein großes Hospital, in dem unter anderem deutsche und 
österreichische Ärzte ersten Ranges wirkten, wie Reyher, Bilharz, Griesinger u. a., 
die Provinzen wurden durch europäische Sanitätsinspektoren überwacht, denen in 
den Distrikten arabische Inspektoren unterstanden und in den Dörfern waren Barbiere 
ernannt, welche alle Todesfälle zu konstatieren, die Geburten zu registrieren sowie 
die Impfungen gegen die Pocken zu machen hatten.*) Ihre Frauen mußten die 
») Ihre Funktionen und Attributionen wurden später durch ein Dekret (1841) 
genau präzisiert.
	        
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