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Registrierung der Geburten und Sterbefälle, über die Ausübung der ärztlichen
Praxis, über das Apothekenwesen, den Handel mit giftigen Substanzen, über den
Schlachtzwang in Schlachthäusern, über die öffentlichen Abtritte und Bäder in
den Moscheen, deren hygienische Verbesserung besonders mit Rücksicht auf die
Cholera ebenso dringend wie schwierig war, prophylaktische - Maßregeln gegen
die Ausbreitung ansteckender Krankheiten und Zoonosen, Untersuchung der
Prostituierten, über die Einrichtung der gesundheitsschädlichen und gefährlichen
Anlagen, über die Ausfüllung und Verhütung der gesundheitsschädlichen Teiche
neben den Dörfern (Birkets), über die Anlage der Kirchhöfe etc.
Ich brauche nicht erst auseinanderzusetzen, wie außerordentlich schwierig
hier einerseits schon bei den so verschiedenen in Ägypten ansässigen Nationalitäten
die Einführung solcher Bestimmungen ist, welche auch Fremde betreffen, da diese
durch die sogenannten »Kapitulationen« eine Sonderstellung einnehmen, wie viel
schwieriger, oft unmöglich die tatsächliche Durchführung, solcher Gesetze und
Reglements dabei ist, anderseits aber auch wie schwer die Kämpfe waren mit
dem Unverstand und Widerwillen der einheimischen Bevölkerung, welche den
Nutzen solcher sanitärerVorschriften nicht begriff und sie vielfach als nur vexatorische
ansahen. Griff man doch in Kairo bei der Cholera 1896 und noch 1902 die
Sanitätsbeamten tätlich an! Dennoch ist es der Sanität gelungen, im Laufe der
Jahre sehr viel für die Assanierung Ägyptens faktisch durchzuführen, wofür wohl
das glänzendste Zeugnis die Bekämpfung der Pest ist, die nunmehr vor zehn
Jahren in Ägypten wieder eingeschleppt wurde. Während dieselbe früher selbst
für die in ihr Geschick sich fatalistisch ergebenden Araber ein Schrecken war
und Tausende und Abertausende epidemisch dahinraffte (allein in dem kleinen
Mansüra, welches nach dem Zensus von 1882 damals erst ca. 26.000 Ein
wohner zählte, starben in der letzten Epidemie im Jahre 1843 7000 Einwohner
an der Pest), sind jetzt in zehn Jahren in ganz Ägypten alles in allem noch nicht
4000 Menschen dieser Seuche zum Opfer gefallen, abgesehen von Griechen, *) fast
ausschließlich Eingeborene. Gewiß bei den hiesigen schwierigen Verhältnissen und im
Vergleich mit dem Wüten der Pest in Indien eine ganz verschwindende Zahl und
ein außerordentlicher Erfolg der hygienischen Maßnahmen. So hört und sieht man
denn hier, wenn man sich nicht ganz speziell darum kümmert, im täglichen Leben
nichts von der Pest, und stört sie in keiner Weise Handel und AVändel weder
im Innern noch nach Außen mehr, und die Tausende von fremden Touristen, die
jeden Winter nach Ägypten kommen, lassen sich durchaus nicht durch sie be
hindern und beängstigen.
Allerdings steht die Pest im Winter auch auf ihrem Minimum, aber man
braucht auch nicht ängstlich zu sein, denn »das Auge der Sanität wacht«,
kann man mit Fug und Recht sagen. Ist doch in keinem der von Europäern be
suchten Plätze die Pest in nennenswerter Art aufgetreten und wird bei Ein
schleppung die Gefahr in der Tat bald erstickt. In Kairo selbst ist bisher z. B.
nur ein Fall (1906) bekannt geworden und in Alexandrien, wo sie zuerst ein
brach, sind in den verflossenen zehn Jahren im ganzen noch nicht 600 Todesfälle
an Pest verzeichnet, d. h. ca. 60 im Jahre, und, wie gesagt, nur Eingeborene und
einige Griechen. Als epidemische Krankheit hat somit die Pest hier dank der
außerordentlich scharfen Kontrolle der Sanitätsorgane und des überaus prompten,
ebenso energischen wie sachgemäßen Eingreifens derselben bei jedem Auftreten
dieser Krankheit im Lande ihre früheren Schrecken gänzlich verloren.
Wenn ich nach dieser Einleitung zu der Besprechung der ein
zelnen wichtigen hygienischen Tragen übergehe, so komme ich zu
nächst auf den Schluß des vorigen Kapitels zurück, nämlich auf die
0 Der erste in Alexandrien im griechischen Hospital erkannte Fall betraf
einen Griechen, der ln einem griechischen Krämergeschäft beschäftigt war, wie
auch viele der später Ergriffenen; ebenso waren in Port Said 1901 die zuerst
Ergriffenen zwei Griechen.