Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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Man hat für die Straßen verschiedene Pflasterungen streckenweise in Kairo 
versucht, z. B. Holzpflaster, regelrechte Asphaltierung etc., die alte, verbesserte 
Makadamisierung, bei der man jetzt anscheinend bleibt, mit leichtem l'eerüber- 
guß scheint vorderhand das Praktischeste und immerhin ist es eine entschiedene 
Verbesserung gegen den früheren Zustand. 
Wie wichtig die freie Lage der Wohnungen und Durchlüftung derselben 
durch den reinigenden auch kühlenden Wind für die Gesundheit der Bewohner 
ist, dafür haben wir hier und in Ägypten ganz schlagende Beispiele. Natur 
gemäß sind Frauen und vor allem Säuglinge der Stubenluft ganz besonders 
ausgesetzt, da sie fast den ganzen Tag in derselben verbleiben. Speziell bei den 
letzteren zeigt uns nun die Mortalität derselben an verschiedenen Städten und 
Quartieren die außerordentliche Bedeutung der Lüftung der Wohnungen. So habe 
ich schon wiederholt daraufhingewiesen, daß die Städte in der Nähe des Meeres, 
die frei dem Seewind ausgesetzt sind, wie besonders Damiette, Port Said, Rosette, 
Ramleh bei Alexandrien, eine zum Teil sehr niedrige Säuglingsmortalität haben, 
wie auch in Kairo die offen dem Nordwind ausgesetzte, breit angelegte Vorstadt 
Abassieh z. B. eine weit geringere Kindersterblichkeit hat als das Quartier Saida 
Zenah an der Südseite der Stadt, die vom Nordwind so gut wie abgeschlossen 
ist. Auch den arabischen Frauen, die durchweg blaß und anämisch hier sind, 
merkt man die schlechte Stubenluft sehr an, wenn dies auch in einer erhöhten 
Sterblichkeit nicht direkt nachweisbar ist, da auf dieselbe sonst noch zu viel 
andere Schädlichkeiten einwirken. 
Bei den Europäern liegen die Verhältnisse insoferne besser, als 
die von ihnen bewohnten Quartiere durchweg besser gelüftet und 
sie ja auch ganz ungleich mehr acht auf Privathygiene geben. Man 
wolle aber deshalb nicht glauben, daß es den Europäern mehr oder 
minder gleich sein kann, wie die Gesundheitsverhältnisse überhaupt 
und speziell auch die Quartiere der inneren Stadt beschaffen sind. 
Zwar gesellschaftlich besteht eine fast absolute Trennung zwischen 
den Eingeborenen und den Fremden, allein die Männer dürfen nicht 
vergessen, daß der größte Teil der eigentlichen kaufmännischen Ge 
schäfte im arabischen Teile liegt und sie auch sonst ihrer geschäft 
lichen Beziehungen halber vielfach gezwungen sind, sich in diesen 
'.Peilen aufzuhalten. Anderseits sollen die jungen Leute nicht vergessen, 
daß es keineswegs gleichgültig ist, wo sie wohnen, beziehungsweise 
nachts schlafen. Man hört so oft, auch in Europa: »ich brauche ja 
kein schönes Zimmer, ich bin ja doch den ganzen Tag fort«; man 
bedenkt dabei nicht, daß man tagsüber in schlecht gelüfteten Bureaus 
und Bazaren weilt und hinterher in vielleicht noch schlechterer Luft 
schläft, das heißt sich mindestens acht Stunden in derselben aufhält i 
Da darf man sich nicht wundern, wenn besonders im Sommer, 
wo alle organischen und unorganischen Körper mehr ausdünsten, die 
Blutmischung eine schlechte wird und der Appetit verloren geht, die 
Nerven erschlaffen etc. etc. Hier heißt es noch mehr als in Europa, 
daß man überhaupt auf gut, das heißt sonnig und luftig, gelegene 
Wohnungen achtet, ganz besonders aber auf gesunde und gut ge 
lüftete Schlafzimmer. 
Weiterhin suche man so viel wie möglich in die freie Luft und 
vor allem in die Wüste hinauszukommen und benütze jedenfalls die 
Sonn- und Feiertage dazu, sich ordentlich durchzulüften, um Lunge, 
Blut und Nerven aufzufrischen. Und wie herrlich sind die Ritte oder
	        
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