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Spaziergänge nach den Pyramiden auf der Libyschen Seite, oder in
die Täler des Mokattam, Wadi Hof, -Geraui, el Tin 1 ) etc., in der wunder
baren, frischen Luft, oder im Sommer auch nachts bei dem unver
gleichlichen Mondensehein!
Wie ich schon sagte, gleichen die Städte im Lande in Bauart,
Straßen etc. Kairo durchweg, nur sind sie insoferne günstiger, als sie
kleiner sind; auch bewohnen die Europäer überall die besser gelegenen
Quartiere. Am günstigsten situiert sind, wie ich bemerkte, die Küsten
städte, speziell Port Said und Suez, die bei niedrigen Häusern und
geraden Straßen der Seebrise offen daliegen. In bezug auf Straßen und
Abfuhr gilt für alle das gleiche wie für Kairo. Alexandrien hat, ganz,
in das Meer vorspringend, eine sehr gute Lage, doch muß man im
Innern der Großstadt, mit hohen Häusern und vielen Straßen, gerade
hier wegen der höheren Feuchtigkeit darauf achten, daß die See
brise in die Wohnung dringen kann. Die Wohnungen, speziell die der
Europäer, sind im • ganzen besser als in Kairo, da es nach dem Brande
1882 viel schöner aufgebaut wurde. Sodann sind die Straßen mit
großen Steinplatten gepflastert und können, da es hier bei der größeren
Feuchtigkeit fast keinen Staub gibt, viel leichter reingehalten werden.
Es hat zum Teile eine ältere Kanalisation, die in zwei Armen ins
Meer ausgeht, und welche jetzt systematisch neugebaut werden soll..
Hygienisch hat es also manche Vorzüge vor Kairo, wie es überhaupt
im ganzen mehr europäischen Charakter hat. Anderseits hat es als-
großer Hafenplatz mit einer sehr zusammengewürfelten und mit allerlei
schlechten Elementen durchsetzten Bevölkerung manche Nachteile und
ist viel mehr den Gefahren der Einschleppung ansteckender Krank
heiten ausgesetzt. Wundervoll ist der durch eine gute Fahrstraße,
Tram und Bahn mit der Stadt verbundene, am Meere wie ein großer
Villenort sich lang hinstreckende Vorort Ramleh mit seinen pracht
vollen Gärten.
Ich komme nun zu der für alles Leben zweiten Grundbedingung,
dem Wasser.
Das Nil-Wasser war seit altersher berühmt und das Sprichwort
sagt bekanntlich: »Wer einmal Nil-Wasser getrunken hat, kommt wieder
nach Ägypten«. Wenn es aber auch wohlschmeckend ist, so ist es
doch als Flußwasser, besonders an den Städten, großen Verunreini
gungen ausgesetzt.
Während die Araber aber einst große Sorgfalt auf die Reinigung des.
Wassers verwandten und es nur nach Filtration durch große tönerne Gefäße
(Siren) zum Trinken benützten (zu welchem Zweck sie dem Wasser noch oft etwas-
Alaun zusetzten), Filter, die in der Tat (nach Koch) recht gut wirkten, hatte die
Bevölkerung seit langer Zeit die Bedeutung dieser Gefäße mehr und mehr ver
gessen, benutzte sie nur als Rezipienten und ging mit dem Wasser überhaupt
im höchsten Grade unhygienisch um. Dies ging so weit, daß die Wasserträger
(Sakkas); in ihren großen Säcken aus Biiffeihäuten das Wasser unmittelbar da,
wo es ihnen am bequemsten war, aus dem Nil und den Kanälen schöpften, wo
zugleich auch die Wäsche von den Anwohnern gewaschen, Tiere zum Tränken
l ) Siehe die Karte der Umgegend von Heluan von Schweinfurth.