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geführt wurden, Schiffe ankerten und Menschen nicht allein in der Nähe badeten,
sondern vielfach ihre Bedürfnisse verrichteten etc. etc.
Speziell betreffs der wiederholt emgeschleppten Cholera hatte
die Sanität natürlich vor allem hier einen schweren Kampf mit alt
eingerissenen Gewohnheiten. Die Wasserleitungsanlagen in Kairo wurden
den Armen zugänglich gemacht und das Schöpfen aus dem Nil etc.
so weit möglich unterdrückt und auch anderwärts für die Zufuhr
möglichst reinen Wassers gesorgt. Der Erfolg schon dieser Maßregeln
war in den letzten Choleraepidemien ein sehr sichtlicher. Man blieb
aber dabei nicht stehen. Eine durchgreifende Verbesserung der be
stehenden Filteranlagen in Kairo begegnete großen Schwierigkeiten,
und da von einer neuen »Wasser-Kompagnie« in Tanta auf Rat des
Wasseringenieurs mit bestem Erfolge die Anlage artesischer Brunnen
versucht war, die sich in der Folge vorzüglich bewährten, so wurden
auch in Kairo, etwas nördlich der Stadt, Bohrversuche gemacht. Auch
hier wurde durchaus gutes und bakterienfreies und weitaus genügend
Wasser für die Versorgung der Stadt gefunden und nach längerer
Beobachtung von der hiesigen Wassergesellschaft nach und nach in
Benützung genommen.
Hatte es aber schon in Tanta lange Zeit große Schwierigkeit bereitet,
das Volk, das Nil-Wasser wollte, mochte es auch noch so unrein und eventuell unge
sund sein, an den Gebrauch des Brunnenwassers zu gewöhnen, so gab in Kairo
leider ein Umstand dem Kampfe der Bevölkerung gegen diese Neuerung eine
gewisse Berechtigung, nämlich der, daß in dem Wasser, welches nebenbei nicht
mehr Eisen und Mangan enthält als das Wasser in Tanta, die Eisenalge
(Crenothrix polyspora) auftrat, welche durch ihre starke Vermehrung das Wasser
oft gelblich trübt, durch Eisenablagerungen die Wäsche gelb färbt etc. Es
wurde auch behauptet (wie übrigens auch in Tanta von der einheimischen Be
völkerung), daß den Frauen die Haare bei der Benützung des Wassers zu ihren
Kopfwaschungen ausgingen, daß es Magenbeschwerden mache etc., grundlose
Behauptungen, die von böswilligen Personen und Zeitungen kolportiert und immer
mehr aufgebauscht wurden. Eine von der Regierung berufene internationale
Kommission bestätigte jedoch durchaus die Güte des Wassers, was nur der Ent
eisenung bedürfe. Nach sorgfältigen Vorversuchen im kleinen und dann in
größerem Maßstabe, die zur vollsten Zufriedenheit gelungen sein sollen, an
Ort und Stelle, schien es als ob für Kairo die Wasserfrage nach langem hin und
her endgültig gelöst sei. Allein die Agitation gegen das Grund- und für das
Nil-Wasser ist inzwischen so mächtig geworden, daß man wohl doch zu
letzterem unter Verbesserung der Filteranlagen zurückkehren wird. Die Frage
ist nicht nur für die ärmere Bevölkerung, die sieh keine Pasteur- und Berkeland-
Filter anschaffen kann, von so eminenter Wichtigkeit, sondern für die gesamte
Bevölkerung, da nicht nur die Cholera, sondern auch zweifellos eirie Reihe anderer
Krankheiten durch das Wasser verbreitet werden können.
Für Alexandrien, wo früher auch nur ungenügende Filter vor
handen waren, ist die Wasserfrage schon vorher nach längerer, ge
nauerer Prüfung durch die Anlage der amerikanischen Jewel-Filtcr ge
löst, die quantitativ und qualitativ ein allen Ansprüchen völlig ge
nügendes Wasser dauernd zu liefern scheinen.
Auch für das übrige Ägypten ist in den letzten Jahren in der
Wasserversorgung ein ganz besonderer Schritt getan, durch die
Anstellung des Wasseringenieurs, der die erste Anlage in Tanta und
dann hier ausführte, zum technisch. Sachverständigen und Leiter samt-