Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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Eingeborenen. Der schon früher nominell bestehende Impfzwang hat 
in den letzten Dezennien bei strikter Durchführung und kombiniert 
mit großartigen Massennachimpfungen (1900 wurden in Kairo bei 
einer kleinen Epidemie 278.000 Nachimpfungen offiziell ausgeführt), 
außerordentlich segensreich gewirkt. Auch die Europäer sind zur 
Impfung der Säuglinge verpflichtet, wie ich schon anführte, da sie 
bis jetzt aber nicht gezwungen werden konnten, die Geburten regi 
strieren zu lassen, ist der Sanität praktisch die Handhabe genommen, 
sie zur Impfung zwangsweise heranzuziehen. Da nun bei verschiedenen 
Nationen entweder kein oder kein voller Impfzwang besteht, leiden 
dieselben hier relativ bedeutend mehr an den Pocken als die Araber. 
Umsomehr tut jeder hier frisch Ankommende gut, sich (wieder) impfen 
zu lassen. Seit einer Reihe von Jahren liefert das hiesige Impfinstitut 
eine sehr gute, tadellose, animale Lymphe. 
Als dritte Massenkrankheit, die hier früher sehr stark verbreitet 
war, hat die Dysenterie, gleichfalls zweifellos infolge der besseren 
Wasserverhältnisse außerordentlich abgenommen. Während von den 
älteren in Ägypten ansässigen Fremden fast jeder dritte diese Krankheit 
durchmachte, hört man jetzt kaum noch von derselben bei ihnen und 
auch bei den Eingeborenen ist sie viel seltener. Mit ihr ist zugleich 
der Leberabszeß, eine einst ebenso häufige wie gefährliche Nachkrank 
heit der Amoeben-Dysenterie (die hier vorkommende, von Prof. Karlulis 
in Alexandrien entdeckte Form) verschwindend selten geworden. 
Eine kaum weniger, zumal durch ihre meist äußerst rapide Ver 
breitung gefürchtete Seuche als die Pest ist die Cholera. Die Ab 
nahme derselben durch Verbesserung des Trinkwassers habe ich schon 
kurz erwähnt. 
In der letzten Epidemie 1902, die viel heftiger war als eine 
solche von 1895/96, starben in Kairo im gesamten nicht ganz 270 Per 
sonen (58 Fremde), in Alexandrien an 1200 (175 Fremde), während 
in der Epidemie von 1883 in Kairo ca. 6000 Todesfälle amtlich be 
kannt wurden. 
Holl ein Land für die Cholera gerüstet sein, so müssen die hygienischen 
Bedingungen derartige sein, daß sie keinen Boden zu ihrer Verbreitung findet. 
Und dafür ist in erster Linie gutes, vor Infektion geschütztes Tränkwasser er 
forderlich, um Masseninfektionen unmöglich zu machen; sodann um die Übertragung 
von Fall zu Fall zu verhüten (wie bei allen anderen Infektionskrankheiten), so 
fortige Erkennung und Isolierung jedes auftauchenden Falles. Ich glaube, man 
kann ohne Übertreibung sagen, daß Ägypten heute in letzterer Beziehung so 
gut gerüstet ist, wie dies nur der Fall sein kann und daß die Trinkwasservef- 
hältnisse in Ägypten von Grund aus andere zum Teil geworden sind, zum Teil 
im Begriff sind zu werden und daß ihnen jedenfalls überall die umfassendste 
Aufmerksamkeit geschenkt wird, habe ich weiter oben bereits ausgeführt. Die 
Gefahr einer schweren Choleraepidemie in den Städten besteht meines Erachtens 
heute für Ägypten nicht mehr, 
Uber die Diphtherie kann ich kurz hin Weggehen; sie ist hier 
eher seltener als in Europa und bietet ihre Bekämpfung wie ihre Be 
handlung keine anderen Verhältnisse als dort. Nur eine allgemeine Be 
merkung kann ich bei dieser Infektionskrankheit nicht unterdrücken.
	        
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