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Während bei den anderen Krankheiten der Art, die ganz vorwiegend, wenn
nicht ausschließlich die eingeborene, besonders die ärmere Bevölkerung be
treffen, den Isolierungs- und Desinfektionsm aßregeln der Sanitätsbehörden
heute eigentlich wenig Schwierigkeiten mehr entgegentreten und, wie ich
glaube, leichter durchgeführt werden können als vielerorts in Europa,
liegt dies in den größeren, in erster Reihe in Betracht kommenden
Städten bei der Diphtherie, beim Typhus und einigen anderen Krank
heiten, von denen gleichfalls Fremde und Reichere in höherem Maße
ergriffen werden, anders. Die Ärzte sind zwar zur Anzeige dieser Krank
heiten verpflichtet, allein aus allerlei Opportunitätsgründen tun sie es nicht
in genügendem Maße oder erst eventuell, wenn der Fall tötlich endet.
Zum Teil sorgen sie wohl in ihrer Klientel dafür, daß die nötige
Isolierung und Desinfektion vorgenommen wird; die erste ist aber
oft so gut wie gar nicht effektiv durchzuführen und die zweite kann
in der Tat nur von einem gut geschulten Personal in der richtigen
Weise durchgeführt werden.
Von besonderer Bedeutung für Ägypten sind die typhösen Fieber,
bezüglich der Flecktyphus, der Rückfalltyphus oder -fiel)er, der
Unterleibstyphus (gastrisches oder Nervenfieber), sodann das
biliöse Typhoid Griesingers, welches das biliöse Rückfallneber
und ein anderes spezifisches Fieber umfaßt (den Typhus icterodes,
wie er in Smyrna heißt, der, wie ich glaube, dasselbe ist wie
die Weylsche Krankheit),
Die ersten beiden dieser Typhusformen, der Flecktyphus und das Rück-
fallfieber, haben für Europäer eigentlich keine Bedeutung, trotzdem sie im Land
endemisch sind und oft lokal stärkere Epidemien verursachen, denn Europäer
sind meines Wissens kaum je von ihnen befallen worden. Es hängt dies damit zu
sammen, daß sie eine Krankheit des armen Volkes sind (Hungertyphus).,
Bei dem Abdominaltyphus 1 ) verhält es sich ziemlich umgekehrt,
von diesem werden bis jetzt ganz vorwiegend Europäer befallen.
Ob dies daher kommt, daß die Araber eine gewisse Immunität gegen den
Typhus haben (was eigentlich kaum anzunehmen ist, ebensowenig wie die
Europäer an sich nicht etwa immun gegen den Flecktyphus sind), oder ihn unbemerkt
in der Jugend durchmachen, wo er ja gewöhnlich viel milder auttritt und oft
nicht erkannt wird oder ob andere Gründe dabei im Spiel sind, ist einstweilen
nicht zu entscheiden.
Wie dem auch sei, kommt es beim Typhus auf jeden Fall wie
bei der Cholera, Dysenterie und manchen anderen Krankheiten vor
allem auf peinliche Reinhaltung der Hände vor jeder Mahlzeit an,
reines Trink- und Gebrauchswasser und ebenso peinliche Sauberkeit
in der Küche (gründliches Kochenlassen der Milch!).! .
Das biliöse Fieber (die Weylsche Krankheit?), eine schwere Erkrankung,
welche zu Griesingers Zeit anscheinend in ganz Ägypten, jedenfalls stark in
Kairo und besonders auch in Damiette vorkam, ist jetzt auf Alexandrien be
schränkt, und zwar anscheinend dort auf einige Gegenden und -sicher im Zurück
gehen begriffen.
Außer Griechen werden kaum Europäer davon befallen.
l ) Der seinerseits, wie man erst neuerdings erkannt hat, auch verschieden
Formen umfaßt (Paratyphus).