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Von den Augenkrankheiten wurden früher auch Europäer
in viel höherem Grade ergriffen.
In den letzten 20 Jahren hat sich durch die zahlreichen Augenärzte und
die vielen Polikliniken und die von ihnen in den Städten, wenn auch langsam
sich ausbreitenden besseren Kenntnisse der Augenhygiene, durch die allge
meinen sanitären Verbesserungen zweifellos die Zahl der Augenleiden, speziell
Erblindungen unter den Arabern sichtlich vermindert und neuerdings werden diese
Krankheiten durch (anfänglich fliegende) Hospitäler (E. Cassel-Stiftung) von der
■Sanität auch im Land mit Erfolg bekämpft.
Bei Reinhaltung und einiger Achtsamkeit besteht für Europäer
keine besondere Gefahr mehr vor den einst recht verbreiteten und
mit Recht sehr gefürchteten Ophthalmien.
Die schwere Art dieser Entzündungen wird durch den Gonokokkus
dem Erreger der Gonorrhöe, verursacht (Dr. Mey c rhof) und liegt ihre Haupt
frequenz im Sommer. Auch die eigentliche, in Europa wohlbekannte, sogenannte
ägyptische Augenentzündung, das Trachom, gefährdet die Europäer heute kaum
noch, die nicht gegen die Hygiene freveln.
Wer mit Arabern in nahen Verkehr kommt, muß natürlich besonders
auch dafür, wie in jeder Beziehung, auf Reinhaltung der Hände und Augen
achten.
Ich habe jetzt außer den venerischen Krankheiten, auf deren große Ver
breitung ich schon hinwies, nur noch vier, weit in Ägypten verbreitete schwere
Volksseuchen zu nennen, die trotz ihrer hohen hygienischen Bedeutung für Euro
päer aber kein allgemeines Interesse haben, da sie von denselben kaum je hier
befallen werden. Die Bilharziosis, d. h. die Erkrankung durch das von
Bilharz entdeckten Distomum haematobium, welche vor allem als gewöhnlich erste
auffällige Erscheinung Bläsenblutungen, sodann eigentümliche Wucherungen der
Blasen- ' (Mastdarm-) Schleimhaut verursacht, die durch das W r asser verbreitet
wird (?). Die Wurmk rank hei t, die sich — seit der Erbauung des Gotthard
bahntunnels — in den europäischen Bergwerken besonders stark verbreitet
hat, dessen Erreger das Anchylostomum duodenale vor ca. 60 Jahren hier von
Griesinger und Bilharz als Ursache der schweren Anämie erkannt wurde,
deren Übertragung dadurch zu stände kommt, daß die Larven in dem mit Kot
infizierten Wasser austreten und sich, wie vor einigen Jahren wieder ein Deutscher,
Dr. Looss, Professor an der Medizin. Schule, entdeckte, durch die Haut (der Füße
etc.) einbohren und dann erst in die Blutbahn und in den Darm gelangen. Die
Pellagra, die in einigen österreichischen Provinzen leider gleichfalls eine
schwere Seuche ist. Alle drei sind jetzt dank der fortschreitenden Hygiene aus
den Städten wenigstens so gut wie verschwunden.
Ein vierte, gleichfalls in den (türkischen) Provinzen Österreichs verbreitete
Krankheit, die Lepra, ist in Ägypten eine bei der einheimischen Bevölkerung
häufig vorkommende Erkrankung, für deren Bekämpfung ich mich seit Jahren
besonders interessiere.
Die schweren akuten Seuchen, die ich anfänglich besprach,
haben der Sanität leider noch nicht Zeit gelassen, sich mit dieser,
einer der ältestbekannten Krankheiten, als deren Wiege Ägypten viel
fach angesehen wurde, eingehender zu befassen und energisch an ihre
Bekämpfung zu gehen. Immerhin ist der Anfang dazu insofern gemacht,
als die Sanität ihre Medizinalbeamten aufforderte, die Leprösen im
Lande unter kostenloser Abgabe der Medikamente nach meinen In
struktionen zu behandeln.
Neuerdings hat mir auch, dank dem Interesse, welches S. H. der
Khedive Abbas II. für diese unglücklichen Kranken bekundete, die