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selbst oder zwischen einem dieser Staaten und einer der Signatar-
mächte des Pariser Vertrages die Kaperei ausgeübt werden. Im ameri
kanischen Sezessionskriege machten auch tatsächlich die Südstaaten
von der Kaperei einen ausgedehnten Gebrauch und fügten dem nord
amerikanischen Seeverkehr einen schweren Schaden zu, von dem er
sich eist nach vielen Jahren erholte. Besonders berüchtigt waren dabei
die Schiffe »Alabama« und »Florida«. Im spanisch-amerikanischen Kriege
verzichteten jedoch die beiden kriegführenden Staaten auf die Aus
übung der Kaperei.
Es ist fraglich, ob mit der gänzlichen Abschaffung der Kaperei
nicht über das eigentliche Ziel hinausgeschossen wurde. Es wäre viel
leicht richtiger gewesen, sich ausschließlich gegen die Auswüchse des
Kaperwesens zu schützen, d. h. die Kaperei zu reglementieren. Bald
nach der Aufhebung der Kaperei gelangte man auch speziell in Frank
reich und Deutschland zu der Einsicht, daß die gänzliche Abschaffung
der Kaperei eigentlich nur Im Interesse Englands gelegen ist. Für Eng
land, das hinsichtlich seiner gesamten Nahrungsmittelzufuhr auf den
Verkehr zur See angewiesen ist, war es von großer, ja vitaler Be
deutung, seinen Schiffahrtsverkehr vor jeder Belästigung durch einen
eventuellen Gegner zu sichern. Da die gegnerische Kriegsflotte durch
die überlegenen englischen Streitkräfte ohnedies hinreichend gebunden
ist, konnte eine Gefahr für die englische Schiffahrt nur in den als
Kapern ausgerüsteten Handelsschiffen des Gegners liegen. Durch die
Abschaffung der Kaperei wurde daher für England die seinem Handel bei
einem künftigen Kriege drohende Gefahr beseitigt. England hingegen ist
infolge seiner bedeutenden F'lottenmacht stets im stände, den feindlichen
Seehandel auf das empfindlichste zu stören, wenn nicht zu vernichten.
Die übrigen Staaten hätten daher der Abschaffung der Kaperei
nur dann zustimmen sollen, wenn England gleichzeitig auf die Aus
übung des Seebeuterechtes (Wegnahme feindlicher Handelsschiffe und
der darauf befindlichen feindlichen- Ladung) verzichtet, somit den
Grundsatz der Unverletzlichkeit des Privateigentums zur See anerkennt.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben auch auf dem Pariser
Kongreß diesen Standpunkt eingenommen und mit der Abschaffung
der Kaperei die Anerkennung des Prinzips der Unverletzlichkeit des
Privateigentums zur See verlangt. Sie schlugen daher zu der Be
stimmung über die Abschaffung der Kaperei den Zusatz vor: »Und
das Privateigentum von Untertanen oder Angehörigen der krieg-
führenden Staaten darf von Kriegsschiffen des anderen Staates nicht
weggenommen werden, woferne es nicht aus Konterbande besteht.«
England stimmte jedoch dem nordamerikanischen Vorschläge nicht zu.
Aus diesem Grunde verweigerten die Vereinigten Staaten von Nord
amerika die Unterfertigung der Pariser Deklaration.
Staaten, die eine kleinere Kriegsflotte besitzen und deren
Kreuzerflotte nicht groß genug ist, den feindlichen Seehandel lahm
zu legen, bietet eben die Ausrüstung von Kaperschiffen das einzige
Mittel, um eine mächtige feindliche Flotte zu paralysieren.