Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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selbst oder zwischen einem dieser Staaten und einer der Signatar- 
mächte des Pariser Vertrages die Kaperei ausgeübt werden. Im ameri 
kanischen Sezessionskriege machten auch tatsächlich die Südstaaten 
von der Kaperei einen ausgedehnten Gebrauch und fügten dem nord 
amerikanischen Seeverkehr einen schweren Schaden zu, von dem er 
sich eist nach vielen Jahren erholte. Besonders berüchtigt waren dabei 
die Schiffe »Alabama« und »Florida«. Im spanisch-amerikanischen Kriege 
verzichteten jedoch die beiden kriegführenden Staaten auf die Aus 
übung der Kaperei. 
Es ist fraglich, ob mit der gänzlichen Abschaffung der Kaperei 
nicht über das eigentliche Ziel hinausgeschossen wurde. Es wäre viel 
leicht richtiger gewesen, sich ausschließlich gegen die Auswüchse des 
Kaperwesens zu schützen, d. h. die Kaperei zu reglementieren. Bald 
nach der Aufhebung der Kaperei gelangte man auch speziell in Frank 
reich und Deutschland zu der Einsicht, daß die gänzliche Abschaffung 
der Kaperei eigentlich nur Im Interesse Englands gelegen ist. Für Eng 
land, das hinsichtlich seiner gesamten Nahrungsmittelzufuhr auf den 
Verkehr zur See angewiesen ist, war es von großer, ja vitaler Be 
deutung, seinen Schiffahrtsverkehr vor jeder Belästigung durch einen 
eventuellen Gegner zu sichern. Da die gegnerische Kriegsflotte durch 
die überlegenen englischen Streitkräfte ohnedies hinreichend gebunden 
ist, konnte eine Gefahr für die englische Schiffahrt nur in den als 
Kapern ausgerüsteten Handelsschiffen des Gegners liegen. Durch die 
Abschaffung der Kaperei wurde daher für England die seinem Handel bei 
einem künftigen Kriege drohende Gefahr beseitigt. England hingegen ist 
infolge seiner bedeutenden F'lottenmacht stets im stände, den feindlichen 
Seehandel auf das empfindlichste zu stören, wenn nicht zu vernichten. 
Die übrigen Staaten hätten daher der Abschaffung der Kaperei 
nur dann zustimmen sollen, wenn England gleichzeitig auf die Aus 
übung des Seebeuterechtes (Wegnahme feindlicher Handelsschiffe und 
der darauf befindlichen feindlichen- Ladung) verzichtet, somit den 
Grundsatz der Unverletzlichkeit des Privateigentums zur See anerkennt. 
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben auch auf dem Pariser 
Kongreß diesen Standpunkt eingenommen und mit der Abschaffung 
der Kaperei die Anerkennung des Prinzips der Unverletzlichkeit des 
Privateigentums zur See verlangt. Sie schlugen daher zu der Be 
stimmung über die Abschaffung der Kaperei den Zusatz vor: »Und 
das Privateigentum von Untertanen oder Angehörigen der krieg- 
führenden Staaten darf von Kriegsschiffen des anderen Staates nicht 
weggenommen werden, woferne es nicht aus Konterbande besteht.« 
England stimmte jedoch dem nordamerikanischen Vorschläge nicht zu. 
Aus diesem Grunde verweigerten die Vereinigten Staaten von Nord 
amerika die Unterfertigung der Pariser Deklaration. 
Staaten, die eine kleinere Kriegsflotte besitzen und deren 
Kreuzerflotte nicht groß genug ist, den feindlichen Seehandel lahm 
zu legen, bietet eben die Ausrüstung von Kaperschiffen das einzige 
Mittel, um eine mächtige feindliche Flotte zu paralysieren.
	        
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