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auch die neutrale Ladung auf feindlichem Schiffe frei erklärt. Im Jahre
1854 haben die kriegführenden Staaten die Erklärung abgegeben, daß
feindliches Gut auf neutralem Schiffe und neutrales Gut auf feind
lichem Schiffe mit Ausnahme der Kriegskonterbande und feindlicher
Depeschen respektiert und nicht genommen werden soll.
Dieser Grundsatz wurde nun in der Pariser Deklaration völker
rechtlich sanktioniert. Punkt 2 und 3 der Pariser Deklaration lauten:
»Die neutrale Flagge deckt die feindliche Ware mit Ausnahme der
Kriegskonterbande« und: »Die neutrale Ware kann mit Ausnahme der
Kriegskonterbande unter feindlicher Flagge nicht mit Beschlag belegt
werden«. (Le pavillon neutre couvre la marchandise ennemie, ä l’ex-
ception de la contrebande de guerre; la marchandise neutre, ä l’ex-
ception de la contrebande de guerre n’est pas saisissable sous pavillon
ennemi.)
Dabei wurden jedoch verschiedene wichtige Fragen nicht näher
geregelt, so sehr dies vom Standpunkte des neutralen Schiffahrtsver
kehres zu wünschen gewesen wäre. Erstens unterblieb jede nähere
Definition des Begriffes Konterbande, so daß es im Belieben eines
jeden Staates lag, die ihm geeignet erscheinenden Artikel als Konter
bande festzusetzen. In einer solchen einseitigen, ganz der Willkür des
Kriegführenden überlassenen Bestimmung der Konterbandeartikel liegt
eine große Gefahr, noch mehr aber eine große Unsicherheit für den
neutralen Handel.
Diese einseitige Festsetzung der Konterbande seitens der Krieg-
führenden wurde von den Neutralen zumeist in den sogenannten Neu
tralitätserklärungen anerkannt. So heißt es in dem früher zitierten Er
lasse vom 25. Mai 1854, Punkt 3, sowie in der Verordnung vom 29. Juli
1870, RGBl. Nr. 94, Punkt 1, 1. Absatz, weiters in der Verordnung
vom 11. Mai 1877, RGBl. Nr. 31, Punkt 1 : »Es ist verboten, auf
Schiffen unter österreichisch-ungarischer Flagge Truppen der krieg-
führenden Staaten zu transportieren oder letzteren Gegenstände, welche
nach dem allgemeinen Völkerrechte oder besonderen all
gemein kundgemachten Anordnungen der betreffenden
fremden Regierung als Kriegskonterbande gelten, zu führen.«
Der Londoner Konferenz 1909 blieb es Vorbehalten, die Frage der
Konterbande zu lösen.
Zweitens fehlt jedwedes Kriterium für die Zuerkennung des neu
tralen oder feindlichen Charakters an Schiff oder Ladung. Dies
mußte naturgemäß zu Differenzen zwischen den neutralen und krieg-
führenden Staaten führen. Auch hier konnte erst die Londoner Kon
ferenz zu einem allerdings nur unvollständigen Ergebnisse gelangen.
Weiters fehlen Bestimmungen über die Behandlung jener Schiffe, welche
Konterbande führen sowie über die Behandlung der Besatzung der
aufgebrachten Schiffe. Infolgedessen war die Festsetzung dieser Be
stimmungen dem Belieben der einzelnen Staaten anheimgestellt. First
die zweite Haager Friedenskonferenz und die Londoner Konferenz ge
langten zu einer Kodifizierung der einschlägigen Normen.