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Von den internationalen Vereinbarungen, die in einem gewissen
Zusammenhänge mit dem Seekriegsrechte stehen, kommt in der späteren
Zeit nur die Suezkanalkonvention vom 29. Oktober 1888 in Betracht.
Hier wurden bereits gewisse Neutralitätsregeln aufgestellt, die von der
zweiten Haager Friedenskonferenz rezipiert wurden.
In der Suezkanalkonvention wurde der Suezkanal in gewissem
Sinne neutralisiert, allerdings mit der Erweiterung, daß der Kanal in
Kriegszeiten auch den Kriegsschiffen der Kriegführenden als freie
Durchfahrt offen stehen soll. Dabei wurde gleichzeitig ein Umkreis
von drei Seemeilen von den Einfahrtshäfen neutralisiert.
Weiters wurden der Aufenthalt von Kriegsschiffen der krieg-
führenden Mächte in diesen Häfen sowie einige andere Neutralitäts
vorschriften geregelt.
Haager Friedenskonferenz 1899 und 1907.
Die von Rußland im Jahre 1899 einberufene Haager Friedens
konferenz hatte für Entwicklung des Seekriegsrechtes geringe Be
deutung. Es verdient nur die Ausdehnung der Bestimmungen der
Genfer Konvention auf den Seekrieg besonders hervorgehoben zu
werden. Dagegen hat die zweite Haager Friedenskonferenz vom Jahre
1907 einen wesentlichen Beitrag zur Kodifizierung des maritimen
Völkerrechtes geliefert. Infolge der entgegengesetzten Interessen, welche
die an der Konferenz beteiligten Nationen besaßen und vertraten,
konnte naturgemäß nicht über alle Punkte, welche zur Diskussion ge
langten, eine vollkommene Einigung erzielt werden. Immerhin ist das
Resultat dieser Konferenz für die Entwicklung des Seekriegsrechtes
von hervorragender Bedeutung. Das Ergebnis der Haager Friedens
konferenz wurde nach den einzelnen Gegenständen in internationale
Verträge zusammengefaßt, während jene Angelegenheiten, über welche
eine Einigung nicht herbeigeführt werden konnte, in Resolutionen und
Wünsche gekleidet wurden. Österreich-Ungarn hat die Haager Kon
ferenz am 30. Juli 1908 unterzeichnet, einige andere Staaten haben
jedoch zu einzelnen Punkten der Verträge Reserven eingelegt.
Ein großer Teil der Arbeiten dieser Haager Friedenskonferenz
war seerechtlichen Fragen gewidmet, die zum Teile anläßlich des letzten
Seekrieges besonders in den Vordergrund getreten sind und in vielen
Fällen zu ernsten Differenzen zwischen den Kriegführenden und den
Neutralen führten.
Im nachstehenden sollen die einzelnen Verträge, soweit sie für
das Seekriegsrecht besondere Bedeutung besitzen, der Reihe nach be
sprochen werden.
1. Behandlung feindlicher Handelsschiffe bei Ausbruch
eines Krieges.
Noch in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts wurden die
feindlichen Handelsschiffe, die sich bei Ausbruch des Krieges in den