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einträchtigung zu schützen und dabei gleichzeitig England die Supre
matie zur See zu sichern.
Wie erwähnt, hat sich Frankreich stets geweigert, die englischen
Regeln anzuerkennen. Frankreich hat auch (len Aufenthalt in seinen
Häfen für die Kriegführenden nicht beschränkt. In der Instruktion
vom 15. Februar 1904, heißt es: »Die Dauer des Aufenthaltes von
Kriegsschiffen der Kriegführenden, die keine Prise mit sich führen, ist
durch keinerlei Bestimmung begrenzt. Die Schiffe haben jedoch, um
sich in den französischen Gewässern aufhalten zu dürfen, folgende
Regeln zu beobachten:
a) Die Einnahme von Kriegsmaterial, die Ergänzung von Mannschaft
ist nicht gestattet,
b) der Aufenthaltsort darf nicht zum Ausgangspunkte kriegerischer
Operationen gemacht werden,
c) die Schiffe haben sich aller Feindseligkeiten zu enthalten.
Frankreich hat sich daher im russisch-japanischen Kriege durchaus
nicht einer Verletzung der Neutralitätsregeln schuldig gemacht, es hat
vielmehr durch seine Haltung der russischen Flotte gegenüber nur
seine Anschauung von der Neutralität vor aller Welt "dokumentieren
wollen und dabei gleichzeitig gegen die englische Auffassung von der
Neutralität remonstriert. Tatsächlich handelt es sich hier nicht etwa
um Auffassungen zweier verschiedener Staaten über die Neutralität,
sondern um die Stellung der Kontinentalstaaten zu den Inselstaaten.
In dem Übereinkommen der Haager Friedenskonferenz konnte
naturgemäß die strenge englische Auffassung nicht zur Annahme ge
langen, wenngleich in einigen Punkten die englischen Regeln rezipiert
wurden, im großen und ganzen wurden in dem Übereinkommen die
Grundsätze über die Neutralität niedergelegt, wie sie sich bisher durch
die völkerrechtliche Praxis entwickelt hatten. Von den verschiedenen
I unkten, die zur Annahme gelangten, seien folgende erwähnt:
1. Verbot von Feindseligkeiten sowie Aufbringung von Prisen in
Territorialgewässern.
Der betreffende Territorialstaat ist verpflichtet, die Freilassung
der Prisen zu verlangen und kann die Freilassung mit Gewalt er
zwingen. Dieser Grundsatz ist auch in der Österreichischen Verordnung
vom 9. Juli 1866, §9, enthalten, der folgendermaßen lautet: »Auf neu
tralem Seegebiete darf eine Anhaltung und Aufbringung nicht statt
finden.« ln der Vorschrift, betreffend den Zulaß und die Behandlung
der Kriegsschiffe befreundeter Nationen an den österreichischen und
ungarischen Küsten (genehmigt mit Allerhöchster Entschließung vom
16. Juni 1893), heißt es: »ln den österreichischen und in den ungari
schen Häfen ist es nicht gestattet, daß Schiffe fremder Nationen tät-
liche Feindseligkeiten gegeneinander unternehmen und sind hicnach
diejenigen Schiffe, welche zuerst den Frieden brechen, nach voraus-
gegangenem und fruchtlos gebliebenem Proteste als feindliche Schiffe
zu behandeln. Auch die Anhaltung und Durchsuchung von Schiffen,