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Hiebei würde es aber einem Gebote der Billigkeit entsprechen,
wenn festgesetzt würde, daß das schwächere Kriegsschiff ohne Rück
sicht auf den Zeitpunkt des Einlaufens zuerst auslaufen darf, da im
entgegengesetzten Falle das stärkere Schiff außerhalb der Territorial
gewässer auf das schwächere warten wird, wie dies auch tatsächlich
im russisch-japanischen Kriege der Fall war.
Treffen Kriegs- und Handelsschiffe der beiden Kriegsparteien in
einem und demselben Hafen zusammen, so hat das Kriegsschiff
24 Stunden später als das Handelsschiff auszulaufen.
9. Im neutralen Hafen dürfen nur solche Reparaturen ausgeführt
werden, die zur Sicherung der Navigation notwendig sind, nicht aber
solche, die zur Erhöhung der militärischen Stärke des Schiffes bei
tragen.
10. Die militärische Ausrüstung sowie die Mannschaft darf im
neutralen Hafen nicht ergänzt werden.
11. Die Verproviantierung darf nur auf den normalen Friedens
bedarf erfolgen.
12. Kohle darf nur soviel eingenommen werden, als zur Er
reichung des nächsten eigenen Hafens notwendig ist.
Wenn das Schiff die Kohle erst 24 Stunden nach dem Einlaufen
erhalten kann, so kann die gesetzliche Aufenthaltsfrist um 24 Stunden
verlängert werden. Schiffe, welche in einem neutralen Hafen Kohle
eingenommen haben, können erst nach Ablauf von drei Monaten in
einem Hafen derselben Macht neuerlich Kohle einnehmen.
Hier wurde die englische Auffassung akzeptiert.
13. Prisen dürfen nur bei Seeuntüchtigkeit, schlechter See, Mangel
an Kohle oder Lebensmitteln in einen neutralen Hafen gebracht werden
und haben so bald als möglich auszulaufen, widrigenfalls der neutrale
Staat verpflichtet ist, die Prise freizumachen und die Offiziere und
Mannschaft des Kaptors, die sich auf dem genommenen Schiffe be
finden, zu internieren.
Ähnliche Normen, welche das Einlaufen von Prisen in neutrale
Häfen verbieten, beziehungsweise auf bestimmte Häfen beschränken,
haben einzelne Staaten schon früher erlassen. Für Österreich enthält
die Verordnung von 25- Mai 1854, § 7, die Bestimmung:
»Die Prisen, welche die kriegführenden Mächte von dem Feinde
machen, dürfen nur in dem Hafen von 'Priest mit Ausschluß jeden
anderen österreichischen Hafens zugelassen werden; woselbst die
Effekten abgeladen, deponiert, verwaltet, im Falle sie nicht Waren
enthalten, deren Einfuhr in k. k. Staaten verboten ist, gekauft oder
verkauft oder auf dem Wege des Handels von neuem ausgeführt werden
können; alles jedoch unter der Voraussetzung, daß das gerichtliche
Urteil über die Rechtmäßigkeit der Prise von der kompetenten Behörde
derjenigen Macht, welche die Prise gemacht hat, ausgesprochen
worden sei.«
In dieser Bestimmung der Haager Konferenz, wonach den Prisen
das Anlaufen neutraler Häfen im allgemeinen verboten wird, liegt