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jener Staaten gestanden zu sein, welche die Zerstörung der Prise
perhorreszierten. Für diese Auffassung spricht die Bestimmung des
§ 15 der Verordnung vom 9. Juli 1866, welche lautet:
»Wenn das Schiff wegen Havarie nicht in den Hafen gebracht
werden kann oder wenn die Ladung aus leicht verderblicher Warfe
besteht, so hat der Kommandant des Kriegsschiffes oder der das auf
gebrachte Schiff führende Offizier nach seinem gewissenhaften Er
messen unter Mitwirkung des Schifters diejenigen Maßregeln zu er
greifen, die er zum Besten des Schiffes und der Ladung am zweck
mäßigsten findet.«
Diese österreichische Bestimmung läßt sich wohl auch durch den
Kriegsschauplatz erklären, auf dem sich die Feindseligkeiten ab
spielten.
England, welches die Zerstörung neutraler Prisen nicht gestattet,
hat auch gegen das Vorgehen Kußlands im russisch-japanischen Kriege
protestiert und verlangt, daß jede Prise nach einem Hafen des krieg-
führenden Staates gebracht und von einem Prisengerichte abgeurteilt
werden muß.
Ein solcher Vorgang mag für England, das über zahlreiche Ko
lonien und Flottenstationen verfügt, leicht durchzuführen sein; für
viele andere Staaten würde jedoch die Annahme eines solchen Prinzipes
einem Aufgeben des Prisenrechtes überhaupt gleichkommen.
Ohne Zweifel liegt in diesem Rechte der Zerstörung einer Prise
eine große Gefahr für die neutrale Schiffahrt und den neutralen Handel.
Dadurch, daß die neutrale Ladung, die sonst der Wegnahme nicht
unterliegt, mitzerstört wird, werden die Bestimmungen der Pariser De
klaration hinsichtlich der Behandlung neutraler Ladung illusorisch.
Der Londoner Konferenz gelang es, dieses Recht der Vernichtung
neutraler Handelsschiffe zu begrenzen und gewisse Kautelen gegen
einen Mißbrauch zu schaffen.
Dabei wurde als Grundsatz aufgestellt, daß ein beschlagnahmtes
neutrales Schiff nicht zerstört werden darf, sondern in einen Hafen gebracht
werden muß, wo über die Rechtmäßigkeit der Wegnahme entschieden
werden kann. Die Zerstörung der Prise darf nach dem Wortlaute der
Deklaration nur dann erfolgen, wenn die Sicherheit des Kriegsschiffes
oder der Erfolg der militärischen Operationen, an denen es beteiligt
ist, durch die Einbringung in einen Hafen gefährdet wäre. Dabei gilt
als grundsätzliche Voraussetzung der Zerstörung, daß das betreffende
neutrale Handelsschiff nach den bestehenden Normen tatsächlich der
Konfiskation unterliegt. Die Personen, die sich an Bord eines solchen
Schiffes, das zerstört werden soll, befinden, sowie die Papiere, welche die
Interessenten für die rechtliche Beurteilung der Wegnahme des Schiffes
für wichtig halten, müssen vor der Vernichtung des Schiffes in Sicherheit
gebracht werden. Um weitere Kautelen gegen eine ungerechtfertigte
Zerstörung neutraler Handelsschiffe zu schaffen, wurde bestimmt, daß
der Kaptor den Beweis für die Notwendigkeit der Zerstörung der
Prise zu erbringen hat. Vermag er diesen Beweis nicht zu erbringen,