Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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jener Staaten gestanden zu sein, welche die Zerstörung der Prise 
perhorreszierten. Für diese Auffassung spricht die Bestimmung des 
§ 15 der Verordnung vom 9. Juli 1866, welche lautet: 
»Wenn das Schiff wegen Havarie nicht in den Hafen gebracht 
werden kann oder wenn die Ladung aus leicht verderblicher Warfe 
besteht, so hat der Kommandant des Kriegsschiffes oder der das auf 
gebrachte Schiff führende Offizier nach seinem gewissenhaften Er 
messen unter Mitwirkung des Schifters diejenigen Maßregeln zu er 
greifen, die er zum Besten des Schiffes und der Ladung am zweck 
mäßigsten findet.« 
Diese österreichische Bestimmung läßt sich wohl auch durch den 
Kriegsschauplatz erklären, auf dem sich die Feindseligkeiten ab 
spielten. 
England, welches die Zerstörung neutraler Prisen nicht gestattet, 
hat auch gegen das Vorgehen Kußlands im russisch-japanischen Kriege 
protestiert und verlangt, daß jede Prise nach einem Hafen des krieg- 
führenden Staates gebracht und von einem Prisengerichte abgeurteilt 
werden muß. 
Ein solcher Vorgang mag für England, das über zahlreiche Ko 
lonien und Flottenstationen verfügt, leicht durchzuführen sein; für 
viele andere Staaten würde jedoch die Annahme eines solchen Prinzipes 
einem Aufgeben des Prisenrechtes überhaupt gleichkommen. 
Ohne Zweifel liegt in diesem Rechte der Zerstörung einer Prise 
eine große Gefahr für die neutrale Schiffahrt und den neutralen Handel. 
Dadurch, daß die neutrale Ladung, die sonst der Wegnahme nicht 
unterliegt, mitzerstört wird, werden die Bestimmungen der Pariser De 
klaration hinsichtlich der Behandlung neutraler Ladung illusorisch. 
Der Londoner Konferenz gelang es, dieses Recht der Vernichtung 
neutraler Handelsschiffe zu begrenzen und gewisse Kautelen gegen 
einen Mißbrauch zu schaffen. 
Dabei wurde als Grundsatz aufgestellt, daß ein beschlagnahmtes 
neutrales Schiff nicht zerstört werden darf, sondern in einen Hafen gebracht 
werden muß, wo über die Rechtmäßigkeit der Wegnahme entschieden 
werden kann. Die Zerstörung der Prise darf nach dem Wortlaute der 
Deklaration nur dann erfolgen, wenn die Sicherheit des Kriegsschiffes 
oder der Erfolg der militärischen Operationen, an denen es beteiligt 
ist, durch die Einbringung in einen Hafen gefährdet wäre. Dabei gilt 
als grundsätzliche Voraussetzung der Zerstörung, daß das betreffende 
neutrale Handelsschiff nach den bestehenden Normen tatsächlich der 
Konfiskation unterliegt. Die Personen, die sich an Bord eines solchen 
Schiffes, das zerstört werden soll, befinden, sowie die Papiere, welche die 
Interessenten für die rechtliche Beurteilung der Wegnahme des Schiffes 
für wichtig halten, müssen vor der Vernichtung des Schiffes in Sicherheit 
gebracht werden. Um weitere Kautelen gegen eine ungerechtfertigte 
Zerstörung neutraler Handelsschiffe zu schaffen, wurde bestimmt, daß 
der Kaptor den Beweis für die Notwendigkeit der Zerstörung der 
Prise zu erbringen hat. Vermag er diesen Beweis nicht zu erbringen,
	        
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