40
Ladungseigentümers für die Beurteilung des neutralen oder feindlichen
Charakters der Ladung maßgebend ist. Andere Staaten, darunter Frank
reich, Italien und Rußland, stellten das Nationalitätsprinzip auf, wonach
die Staatsangehörigkeit des Eigentümers der Ladung über deren neu
tralen oder feindlichen Charakter entscheidet. Deutschland hingegen
wollte die feindliche Eigenschaft der Ladung von der Nationalität
desjenigen abhängig machen, der das Risiko eines zufälligen Verlustes
während der Reise zu tragen hat. Österreich-Ungarn trat auf der Kon
ferenz mit einem Vermittlungsvorschläge hervor, der das Prinzip des
Domizils und der Nationalität vereinigen sollte. Danach hätten als
feindliche Eigentümer die Angehörigen des feindlichen Staates zu
gelten, die dort ihren Wohnsitz haben. Tatsächlich liegt in der An
erkennung des reinen Nationalitätsprinzips eine Härte gegen jene An
gehörigen des feindlichen Staates, die in einem neutralen Staate leben
und dort ihre Geschäfte treiben.
Der Londoner Konferenz gelang es leider nicht, einen Ausweg
aus diesen verschiedenen Anschauungen zu finden und man mußte sich
daher mit der einfachen Feststellung begnügen, daß die neutrale oder
feindliche Eigenschaft der an Bord eines feindlichen Schiffes Vor
gefundenen Waren durch die neutrale oder feindliche Eigenschaft des
Eigentümers bestimmt wird. Infolgedessen ist die wichtige Frage offen
geblieben, ob das Domizil oder die Staatsangehörigkeit des Eigen
tümers der Waren für die Beurteilung des feindlichen Charakters maß
gebend ist.
Der Eigentümer feindlicher Waren könnte leicht den Versuch
unternehmen, sich der Wegnahme seiner Waren durch die andere
Kriegspartei dadurch zu entziehen, daß er mittelst eines Scheinvertrages
das Eigentum an den Waren einem Angehörigen eines neutralen Staates
überträgt. Um dies zu verhindern, wurde in der Deklaration die Be
stimmung getroffen, daß die feindliche Eigenschaft der an Bord eines
feindlichen Schiffes verladenen Waren bis zur Ankunft am Bestim
mungsorte bestehen bleibt, ungeachtet eines im Verlaufe der Beförde
rung nach Beginn der Feindseligkeiten eingetretenen Eigentumwechsels.
Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur dann, wenn bei einem
Konkurse des feindlichen Eigentümers ein früherer neutraler Eigen
tümer ein gesetzliches Rückforderungsrecht ausübt. In diesem Falle er
hält die Ware wieder ihren neutralen Charakter.
7. Geleit (Konvoi).
Das Geleit neutraler Handelsschiffe durch Kriegsschiffe desselben
Staates dient dazu, um die Handelsschiffe vor der Anhaltung und
Durchsuchung auf Konterbande zu schützen.
Die meisten Staaten haben den neutralen Mächten dieses Recht
des Geleites unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt, so auch
Österreich-Ungarn. In der, Verordnung vom 9. Juli 1866, § 11, wird
bestimmt: »Neutrale Handelsschiffe, welche unter Konvoi von Kriegs-