Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

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Ladungseigentümers für die Beurteilung des neutralen oder feindlichen 
Charakters der Ladung maßgebend ist. Andere Staaten, darunter Frank 
reich, Italien und Rußland, stellten das Nationalitätsprinzip auf, wonach 
die Staatsangehörigkeit des Eigentümers der Ladung über deren neu 
tralen oder feindlichen Charakter entscheidet. Deutschland hingegen 
wollte die feindliche Eigenschaft der Ladung von der Nationalität 
desjenigen abhängig machen, der das Risiko eines zufälligen Verlustes 
während der Reise zu tragen hat. Österreich-Ungarn trat auf der Kon 
ferenz mit einem Vermittlungsvorschläge hervor, der das Prinzip des 
Domizils und der Nationalität vereinigen sollte. Danach hätten als 
feindliche Eigentümer die Angehörigen des feindlichen Staates zu 
gelten, die dort ihren Wohnsitz haben. Tatsächlich liegt in der An 
erkennung des reinen Nationalitätsprinzips eine Härte gegen jene An 
gehörigen des feindlichen Staates, die in einem neutralen Staate leben 
und dort ihre Geschäfte treiben. 
Der Londoner Konferenz gelang es leider nicht, einen Ausweg 
aus diesen verschiedenen Anschauungen zu finden und man mußte sich 
daher mit der einfachen Feststellung begnügen, daß die neutrale oder 
feindliche Eigenschaft der an Bord eines feindlichen Schiffes Vor 
gefundenen Waren durch die neutrale oder feindliche Eigenschaft des 
Eigentümers bestimmt wird. Infolgedessen ist die wichtige Frage offen 
geblieben, ob das Domizil oder die Staatsangehörigkeit des Eigen 
tümers der Waren für die Beurteilung des feindlichen Charakters maß 
gebend ist. 
Der Eigentümer feindlicher Waren könnte leicht den Versuch 
unternehmen, sich der Wegnahme seiner Waren durch die andere 
Kriegspartei dadurch zu entziehen, daß er mittelst eines Scheinvertrages 
das Eigentum an den Waren einem Angehörigen eines neutralen Staates 
überträgt. Um dies zu verhindern, wurde in der Deklaration die Be 
stimmung getroffen, daß die feindliche Eigenschaft der an Bord eines 
feindlichen Schiffes verladenen Waren bis zur Ankunft am Bestim 
mungsorte bestehen bleibt, ungeachtet eines im Verlaufe der Beförde 
rung nach Beginn der Feindseligkeiten eingetretenen Eigentumwechsels. 
Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur dann, wenn bei einem 
Konkurse des feindlichen Eigentümers ein früherer neutraler Eigen 
tümer ein gesetzliches Rückforderungsrecht ausübt. In diesem Falle er 
hält die Ware wieder ihren neutralen Charakter. 
7. Geleit (Konvoi). 
Das Geleit neutraler Handelsschiffe durch Kriegsschiffe desselben 
Staates dient dazu, um die Handelsschiffe vor der Anhaltung und 
Durchsuchung auf Konterbande zu schützen. 
Die meisten Staaten haben den neutralen Mächten dieses Recht 
des Geleites unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt, so auch 
Österreich-Ungarn. In der, Verordnung vom 9. Juli 1866, § 11, wird 
bestimmt: »Neutrale Handelsschiffe, welche unter Konvoi von Kriegs-
	        
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