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Kolonial- und tropenmedizinischen Gesellschaften 1 ) und Instituten 2 ) in
den meisten Kulturländern mit eigenem Kolonialbesitz, ganz besonders
in Frankreich, England und Deutschland, außerordentlich vermehrt und
nicht nur im Dienste der humanen und veterinären Medizin und Hygiene,
sondern auch in dem der Technik, der Landwirtschaft und zahlreicher
kommerzieller Branchen schon allerwärts nutzbar gemacht worden.
Was nun die Lehrkräfte betrifft, so gibt es hier gewiß heute
viel mehr Berufene als Auserlesene. Wie lange ist es her, daß die
Popularisierung gewisser wichtiger medizinischer Tatsachen und Ab
straktionen für das praktische Leben, daß die University Extension
und Volksbildungsbestrebung, auf dem Gebiete der Medizin und Hygiene
überhaupt noch stark angefeindet, oft mißdeutet wurde. Wie absurd
schien es noch vor wenigen Jahren, außerhalb der medizinischen Fa
kultät, in Laienkreisen, bei Arbeitern und in nicht medizinischen Lehr
anstalten, selbst noch gewerblichen Vereinigungen und anderen Orts
die Lehren der Hygiene zu verbreiten! Das ist nun glücklicherweise
ganz anders geworden und die Erkenntnis von dem Werte des Aus
tausches der Resultate verschiedener Berufstudien im Interesse des Wohles
und Wohlstandes der Bevölkerung hat längst jenes Mißtrauen zerstreut,
das ihm anfangs sogar aus wissenschaftlichen Kreisen entgegengebracht
wurde.
Hat doch beispielsweise der hier am meisten interessierte Ärzte
stand gerade in den letzten zwei Dezennien trotz der fortschreitenden
Popularisierung medizinisch-hygienischer Errungenschaften nicht nur
an Zahl seiner Mitglieder, sondern auch an Bedeutung seiner For
schungen immer mehr zugenommen, im Verhältnis mehr als jemals
seit Menschengedenken, und zwar nicht nur auf dem Gebiete der
medizinischen Technik, wie der Chirurgie und anderer praktisch
besonders wichtiger Spezialdisziplinen, sondern vor allem auf dem der
Bakteriologie, Serologie und Immunitätsforschung, also jener neuen
und epochalen hygienisch-prophylaktischen Zweige, ohne welche eine
moderne Sanitätsverwaltung, ein geordnetes Städtewesen, die ungestörte
Entwicklung von Handel und insbesondere des Verkehrs heutzutage über
haupt nicht mehr denkbar ist. Man erinnere sich nur an die Schrecken
der jüngsten, eigentlich doch dank moderner Prophylaxe ganz harm
losen Blatternepidemie 1907 in Wien.
In alle Gebiete des menschlichen Schaffens sind also die groß
artigen Errungenschaften medizinisch-hygienischer Forschung einge-
*) Ich nenne hier von periodischen, seit etwa zehn Jahren erscheinenden
deutschen Publikationen nur das »Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene«, heraus
gegeben von Dr. Karl Mense. Leipzig, Barth; sowie auch die Verhandlungen der
ersten Tagung der neugegründeten (Juni 1908) tropenmedizinischen Gesellschaft in
Hamburg, erschienen ebendort 1908.
2 ) Von Instituten ist vor allem das von Professor Kocht geleitete See
mannshaus sowie das demselben angegliederte Tropenhygienische Laboratorium
und Seminar in Hamburg sowie der tropenhygienische Kursus, abgehalten von
Dr. Karl Mense in Kassel, auch für Mitglieder des Kaufmannsstandes, zu er-
wähnen.
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