Full text: XII. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (12)

54 
banalen und spezifischen Infektionskrankheiten und auch das Vertraut 
sein mit manchen einschlägigen, mehr technischen Fragen. Aus seinem 
bisherigen pädagogischen Werdegang in Schule und Haus hat er hievon 
wohl nur wenig mit sich gebracht. 
Das österreichische Schulwesen gab dem Schüler nach seiner 
bisher geltenden Verfassung eigentlich in keiner seiner Stufen eine 
für seine geistige Aufnahmsfähigkeit genügende Gelegenheit zur Er 
gänzung seines Wissens und Könnens in dieser Richtung. Weder im 
zeitlichen noch im stofflichen Ausmaße — wir besitzen ja leider fast 
keine Erziehungs-, sondern nur Bildungsschulen — und jetzt erst be 
ginnen sich ja leichte Ansätze hiezu zu regen, die wenigstens das 
Elternhaus auf die Wichtigkeit dieses Punktes weisen. Das gilt aber 
ganz besonders von dem Bildungsgänge des jungen Kaufmannes, der 
unmittelbar von der Schulbank in den gefährlichen Strudel des Lebens 
und Berufes zu treten pflegt. 
Im Inlande und im heimischen Orte vielleicht noch von geringerer 
Bedeutung, gewinnt die Persönlichkeit des Kaufmannes in fremden 
Ländern, wo er auch repräsentativ und initiativ in verschiedenartige 
Wechselbeziehungen tritt, ganz außerordentlich an Bedeutung, und es 
ist eine mir von den erfahrensten und objektivsten Seiten wiederholt 
zu teil gewordene Ansicht, daß der österreichische Exportkaufmann 
trotz umfassender Spezialkenntnisse durch seine relativ geringere Aus 
bildung in körperlicher wie sportlicher Beziehung und in den welt 
männischen Umgangsformen andern Kulturnationen, insbesondere der 
anglo-amerikanischen in letzter Zeit auch deutschen gegenüber sich gar 
merklich im Rückstand befindet. 
Unserer Volksschule, so vorzüglich organisiert in mancher Be 
ziehung, läßt in den Mitteln zur Bildung und Entfaltung körperlicher 
Kräfte und Eigenschaften wohl noch das meiste zu wünschen übrig. 
Schon die große Masse der Volksschulen, die Überfüllung der Klassen, 
der Mangel an pädagogischer Ausbildung der Lehrer nach dieser Rich- 
tung, bilden vorderhand schwere Hemmnisse zur Umsetzung der 
Theorie in die Praxis. Und auch das Elternhaus in den breiteren 
Schichten, auch der gebildeten und städtischen Bevölkerungen, nützt 
die gerade hier oft vorhandene freie Zeit zur Vervollkommnung der 
körperlichen Eigenschaften der Schuljugend nicht aus. 
In der Mittelschule gibt allerdings die neue Gymnasial- und 
Realschulreform, der hoffentlich auch bald eine analoge in den öffent 
lichen Handels- und Gewerbeschulen folgen wird, die schönsten 
Hoffnungen, wenn auch noch nicht Garantien für eine Modernisierung 
in diesem Sinne, indem einerseits den praktischen Fächern gegenüber 
den mehr theoretischen ein größerer Raum geboten, aber auch der 
körperlichen Ausbildung durch Sport- und Jugendspiele, und dadurch 
dem freieren Auftreten dieser Altersklassen hoffentlich bald halbwegs 
entsprechend Rechnung getragen werden wird. 
Speziell die geplante Einführung des Unterrichtes in der Somato- 
logie in den normalen Lehrplan (laut Ministerialverordnung vom
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.