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banalen und spezifischen Infektionskrankheiten und auch das Vertraut
sein mit manchen einschlägigen, mehr technischen Fragen. Aus seinem
bisherigen pädagogischen Werdegang in Schule und Haus hat er hievon
wohl nur wenig mit sich gebracht.
Das österreichische Schulwesen gab dem Schüler nach seiner
bisher geltenden Verfassung eigentlich in keiner seiner Stufen eine
für seine geistige Aufnahmsfähigkeit genügende Gelegenheit zur Er
gänzung seines Wissens und Könnens in dieser Richtung. Weder im
zeitlichen noch im stofflichen Ausmaße — wir besitzen ja leider fast
keine Erziehungs-, sondern nur Bildungsschulen — und jetzt erst be
ginnen sich ja leichte Ansätze hiezu zu regen, die wenigstens das
Elternhaus auf die Wichtigkeit dieses Punktes weisen. Das gilt aber
ganz besonders von dem Bildungsgänge des jungen Kaufmannes, der
unmittelbar von der Schulbank in den gefährlichen Strudel des Lebens
und Berufes zu treten pflegt.
Im Inlande und im heimischen Orte vielleicht noch von geringerer
Bedeutung, gewinnt die Persönlichkeit des Kaufmannes in fremden
Ländern, wo er auch repräsentativ und initiativ in verschiedenartige
Wechselbeziehungen tritt, ganz außerordentlich an Bedeutung, und es
ist eine mir von den erfahrensten und objektivsten Seiten wiederholt
zu teil gewordene Ansicht, daß der österreichische Exportkaufmann
trotz umfassender Spezialkenntnisse durch seine relativ geringere Aus
bildung in körperlicher wie sportlicher Beziehung und in den welt
männischen Umgangsformen andern Kulturnationen, insbesondere der
anglo-amerikanischen in letzter Zeit auch deutschen gegenüber sich gar
merklich im Rückstand befindet.
Unserer Volksschule, so vorzüglich organisiert in mancher Be
ziehung, läßt in den Mitteln zur Bildung und Entfaltung körperlicher
Kräfte und Eigenschaften wohl noch das meiste zu wünschen übrig.
Schon die große Masse der Volksschulen, die Überfüllung der Klassen,
der Mangel an pädagogischer Ausbildung der Lehrer nach dieser Rich-
tung, bilden vorderhand schwere Hemmnisse zur Umsetzung der
Theorie in die Praxis. Und auch das Elternhaus in den breiteren
Schichten, auch der gebildeten und städtischen Bevölkerungen, nützt
die gerade hier oft vorhandene freie Zeit zur Vervollkommnung der
körperlichen Eigenschaften der Schuljugend nicht aus.
In der Mittelschule gibt allerdings die neue Gymnasial- und
Realschulreform, der hoffentlich auch bald eine analoge in den öffent
lichen Handels- und Gewerbeschulen folgen wird, die schönsten
Hoffnungen, wenn auch noch nicht Garantien für eine Modernisierung
in diesem Sinne, indem einerseits den praktischen Fächern gegenüber
den mehr theoretischen ein größerer Raum geboten, aber auch der
körperlichen Ausbildung durch Sport- und Jugendspiele, und dadurch
dem freieren Auftreten dieser Altersklassen hoffentlich bald halbwegs
entsprechend Rechnung getragen werden wird.
Speziell die geplante Einführung des Unterrichtes in der Somato-
logie in den normalen Lehrplan (laut Ministerialverordnung vom