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zur Charakteristik des Klimas dient. Speziell für kommerzielle Zwecke
erscheint mir die besondere, wenn auch nur beiläufige Registrierung,
beziehungsweise Parallelstellung der Zahl der Sommer-, Winter- und'
Tropentage einer Gegend von praktischem Interesse.
Andere Temperaturangaben z. B. über Temperatursummen, mittlere
Frost- und Reifgrenzen, Bodentemperatur etc. erscheinen mir, obwohl
durchaus interessant, fast entbehrlich.
Selbstverständlich ist aber bei allen Temperaturmessungen deren
Homogenität ein prinzipielles Erfordernis, d. h. es müssen sich Mittel
oder Einzelwerte durchaus auf dieselbe Lokalität und auf stets unge-
änderte Einflüsse der Umgebung, ferner auf dasselbe Meßinstrument
in derselben Aufstellung beziehen.
Als zweitwichtigstem Faktor ist stets den Verhältnissen der Luft
feuchtigkeit, der Niederschläge und Bewölkung zu gedenken.
Hier ist es vor allem die relative Feuchtigkeit, d. i. das Ver
hältnis des faktischen Prozentgehaltes zur Aufnahmefähigkeit der Luft
für die betreffende Temperatur oder das, wie es Flügge 1 ) und später
Den e cke 2 ) treffend bezeichnet haben, Sättigungsdefizit der Luft
feuchtigkeit, das zur letzteren in strengen proportionalen Beziehungen steht.
Diese relative Feuchtigkeit ist es ja auch, von welcher wir, wie
auch Hann 3 ) bemerkt, unbewußt sprechen, wenn wir die Luft
schlechtweg als feucht oder trocken bezeichnen. »Die Winterluft ist in
unserem Klima feucht, trotz geringen absoluten Wassergehaltes, die
Sommerluft trocken, trotz ihres zwei- bis dreimal größeren Wasser
gehaltes. Die relative Feuchtigkeit ist es, welche neben der Tem
peratur das Wasserbedürfnis der Organismen bedingt.« Deshalb ist
gerade dieser klimatische Paktor bei allen Berichten wichtig und un
entbehrlich. Hohe relative Feuchtigkeit äußert sich z. B., wie bekannt,
im Feuchtwerden der Kopfhaare, des Bartes, im Kältegefühl, umgekehrt
sehr niedere in einem unangenehmen Kratzen und Jucken im Hals
und Nase, auslösender Trockenheit der Schleimhäute und führen
derartige Exzesse im Feuchtigkeitsgehalte der Luft auch zu Erkran
kungen, wie einerseits zu Erkältungen in allzu feuchter, anderseits zu
chronischen Katarrhen der Schleimhäute, aber auch zu Reizungen des
Nervensystems, vielleicht, wie man annimmt, infolge der Wasserverarmung
des Blutes in allzu trockener Luft.
Autregungszustände, Schlaflosigkeit, Unruhe, wie sie insbesondere
auch in dem stets relativ sehr trockenem Höhenklima Vorkommen,
dürften allerdings im Gegensatz zu der Anschauung mancher Autoren,
auch z. B. Hann, nicht so sehr durch Wasserverarmung als durch Blut
druckdifferenzen, d. i. vermehrtem Gefäßdruck, vielleicht sogar durch
die Blutgasentbindung in den Gefäßen durch den verminderten Luft
druck zurückzuführen sein.
1 ) Lehrbuch der hygienischen Untersuchungsmethoden, 1881, und Lehrbuch
der Hygiene.
2 ) Zeitschrift für Hygiene, Band I.
s j Handbuch der Klimatologie, 1908,1. Band, allgemeine Klimalehre, pag. 48