Einleitung.
Schon aus den Erzählungen über die Schicksale der Juden in
Ägypten im Alten Testament, die unsere Kinderphantasie fesselten,
wie anderseits aus den klassischen Reiseberichten Herodots tritt uns
Ägypten als ein an den größten Merkwürdigkeiten überreiches, ja, als
ein wahres Land der Wunder entgegen, und das ist es in mehrfacher
Beziehung bis auf den heutigen Tag geblieben. Nicht nur betrachten
wir voll Staunen, wie einst Herodot, seine zahlreichen großartigen
Baudenkmäler, beredte Zeugen tausendjähriger hochentwickelter Kultur
epochen, sowie die neuen reichen Funde aller Art, die uns über die
ältesten beglaubigten historischen Epochen unterrichten, welche jetzt
durch zahlreiche Gelehrte verschiedener Nationen aus dem Boden, der
sie so lange bewahrte, systematisch ausgegraben werden. Nicht nur
erkennen wir, zu unserer Verwunderung, in der heutigen Bevölkerung,
trotz so vielfacher Mischungen, trotz äußerlicher Übertünchung und
gewisser Ummodelung durch den Mohammedanismus, in ihren Ge
sichtszügen, Sitten und Gebräuchen, vielfach die unverkennbaren Enkel
der alten Ägypter, besonders die Kopten Oberägyptens gemahnen uns
in frappanter Weise an die Typen, die wir auf den Grabdenkmälern
der Pharaonen in so lebensfrischer Weise dargestellt finden. Immer
von neuem übt es den lebhaftesten Reiz auf uns aus, in den
Städten, vor allem in Kairo, der Hauptstätte der mohammedanischen
Religion und der Denkmäler aus der Blütezeit arabischer Kunst, die
verschiedenartigsten Völkertypen des Okzidents und des Orients in
ihren bunten Erscheinungen, Trachten und Gebräuchen, in allen Ab
stufungen des einfachsten Naturlebens und der modernen Kultur sich
in den farbenprächtigsten Bildern zu stets wechselnden Gruppen ver
einigen und durcheinander drängen zu sehen.
Aber auch das Land selbst erweckt durch seine besondere Lage
und durch seine eigentümliche Bildung und Gestaltung, der großen
Fruchtbarkeit seines Bodens, sowie anderseits durch sein ganz eigen
artiges Klima unser höchstes Interesse.
Muß es nicnt in der Tat als ein Wunder erscheinen dieses
Fand, das schon Herodot als ein Geschenk des Nil gepriesen hat -—
jenes sagenumwobenen Stromes, der, Tausende von Kilometern weit