Einleitung.
Der Keim des Versicherungsgedankens liegt in jedem Menschen
und die bisherigen Assekuranzhistoriker sind der Ansicht, daß, um die
Entwicklung des Versicherungswesens zu schildern, von den Anfängen
der Kultur ausgegangen werden muß.
Die Familie als Ausgangsglied der organischen Entwicklung der
Volkswirtschaft war in den primitivsten Verhältnissen ständig den
größten Gefahren ausgesetzt und sie mußte sich aller ihrer Kräfte be
dienen, um diesen Gefahren zu begegnen, sie abzuschwächen. — Vor
allem waren es die elementaren Gewalten, vor denen sie sich zu
sichern hatte und die sie mit zunehmender Kultur zwang, sich ihr
dienstbar zu machen, deren schädliche Wirkungen sie mehr und mehr
eindämmte und auszuschalten trachtete. Es lag in der Natur der
Sache, daß zur Zeit der Familienwirtschaft der Anschluß der einzelnen
Mitglieder aneinander ein intensiver war, um die diesem ursprüng
lichen Gemeinwesen drohenden Gefahren abzuwenden, beziehungsweise
den entstandenen Schaden gemeinsam zu beheben; doch beruhte die
in natura erfolgende Hilfeleistung der einzelnen Mitglieder nicht auf
der Erwartung, hierfür einen Gegenwert zu erhalten, sondern jedes
einzelne Familienmitglied hatte infolge seiner Zugehörigkeit zur Fa
milie die Pflicht, seine ganzen Kräfte, wenn es die Not erforderte,
selbst sein Leben dem Gemeinwesen zur Verfügung zu stellen. Der
Grundgedanke war, wie wir sehen: „Einer für alle, alle für einenl’ -
Richard Ehrenberg nennt diese Versicherungsart und als eine solche
in den rohesten Anfängen kann sie bezeichnet werden — „Natural
wirtschaftliche Versicherung”.
Durch das Wachsen der Familie entwickelte sich diese zur
Sippe, zum Stamme. Dieses Anwachsen der Familie brachte wohl
den Vorteil mit sich, daß ein Teil der Lasten von einer größeren An
zahl wirtschaftlicher Elinheiten getragen wurde; doch in dem Grade,
als sich die Familie auf natürliche Weise in die Sippe und den
Stamm auflöste, schien sich das Zusammengehörigkeitsgefühl der
Stammesangehörigen zu lockern.
In dieser Zeit, wo es noch an der für jede Gesellschaftsform
notwendigen gesetzlichen Ordnung mangelte und nur die physische
Kraft „Recht” war, konnte die Religion allein das Mittel sein, dem