Full text: XIV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (14)

Einleitung. 
Der Keim des Versicherungsgedankens liegt in jedem Menschen 
und die bisherigen Assekuranzhistoriker sind der Ansicht, daß, um die 
Entwicklung des Versicherungswesens zu schildern, von den Anfängen 
der Kultur ausgegangen werden muß. 
Die Familie als Ausgangsglied der organischen Entwicklung der 
Volkswirtschaft war in den primitivsten Verhältnissen ständig den 
größten Gefahren ausgesetzt und sie mußte sich aller ihrer Kräfte be 
dienen, um diesen Gefahren zu begegnen, sie abzuschwächen. — Vor 
allem waren es die elementaren Gewalten, vor denen sie sich zu 
sichern hatte und die sie mit zunehmender Kultur zwang, sich ihr 
dienstbar zu machen, deren schädliche Wirkungen sie mehr und mehr 
eindämmte und auszuschalten trachtete. Es lag in der Natur der 
Sache, daß zur Zeit der Familienwirtschaft der Anschluß der einzelnen 
Mitglieder aneinander ein intensiver war, um die diesem ursprüng 
lichen Gemeinwesen drohenden Gefahren abzuwenden, beziehungsweise 
den entstandenen Schaden gemeinsam zu beheben; doch beruhte die 
in natura erfolgende Hilfeleistung der einzelnen Mitglieder nicht auf 
der Erwartung, hierfür einen Gegenwert zu erhalten, sondern jedes 
einzelne Familienmitglied hatte infolge seiner Zugehörigkeit zur Fa 
milie die Pflicht, seine ganzen Kräfte, wenn es die Not erforderte, 
selbst sein Leben dem Gemeinwesen zur Verfügung zu stellen. Der 
Grundgedanke war, wie wir sehen: „Einer für alle, alle für einenl’ - 
Richard Ehrenberg nennt diese Versicherungsart und als eine solche 
in den rohesten Anfängen kann sie bezeichnet werden — „Natural 
wirtschaftliche Versicherung”. 
Durch das Wachsen der Familie entwickelte sich diese zur 
Sippe, zum Stamme. Dieses Anwachsen der Familie brachte wohl 
den Vorteil mit sich, daß ein Teil der Lasten von einer größeren An 
zahl wirtschaftlicher Elinheiten getragen wurde; doch in dem Grade, 
als sich die Familie auf natürliche Weise in die Sippe und den 
Stamm auflöste, schien sich das Zusammengehörigkeitsgefühl der 
Stammesangehörigen zu lockern. 
In dieser Zeit, wo es noch an der für jede Gesellschaftsform 
notwendigen gesetzlichen Ordnung mangelte und nur die physische 
Kraft „Recht” war, konnte die Religion allein das Mittel sein, dem
	        
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