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Was die Feuerversicherung betrifft, war zweifelsohne der kolos
sale Brand Londons im Jahre 1666 die Ursache energischer Entwick
lung dieses Assekuranzzweiges.
Wie verheerend dieser Brand war, zeigen folgende Ziffern: Es
wurden nicht weniger als 13.000 Häuser zerstört und dadurch zirka
l^ Million Bewohner obdachlos; der Schaden erreichte die enorme
Ziffer von £ 7,000.000 — zirka K 170,000.000. Diesem Umstande aber
hat England zu verdanken, daß die segensreiche Institution der Feuer
versicherung früher als in den anderen Ländern Europas eine hohe
Ausbildung erfahr. Anfangs wurde der Versicherungsbetrieb von ein
zelnen Personen kultiviert; doch wurden diese Einzel Versicherer bald
durch anonyme Gesellschaften abgelöst, da sich behufs rationellei
Ausübung dieses Geschäftszweiges die Notwendigkeit eines großen ße-
triebskapitales ergab.
Was Österreich in versicherungswirtschaftlicher Beziehung betrifft,
war es erst dem Anfänge des 19. Jahrhunderts Vorbehalten, die Früchte
der Anstrengungen privater Unternehmer zu zeitigen; während Jahr
zehnte vorher die Feuerversicherung im benachbarten Deutschland nach
englischem Muster in der Form von Feuersozietäten ihre Ausgestaltung
erfahren hatte, gab es bis zum Jahre 1811 in Österreich keine Feuei-
- Versicherungsgesellschaft, wenn wir von den lokalen Bauernvereinen
mit ihren primitiven Einrichtungen absehen wollen; erst von diesem
Zeitpunkte ab wurden seitens der Landesverwaltungen „Landes-Brand-
schaden-Anstalten” ins Leben gerufen, meist in Verbindung mit den
k k. Steuerämtern, indem diese letzteren die Akquisitionsorgane für
die Anstalten abgäben.
Nachdem schon seit 1803 der Pionier der österreichischen Pri
vatassekuranz „Georg Ritter von Högelmüller” für die Errichtung einer
Privatanstalt agitiert hatte, erfloß im Jahre 1819 eine allerhöchste
Entscheidung, worin den Privatunternehmungen der Versicherungs
betrieb überlassen und diesen tatkräftige Unterstützung und Schutz
versprochen wurde.
Die erste Privatanstalt war die k. k. priv. wechselseitige Brand
schaden-Versicherungsanstalt zu Wien (1825).
Wie gewaltig sich seither das Versicherungswesen — getreu seinen
volkswirtschaftlichen Tendenzen — entwickelt hat, geht daiaus hex vor,
daß vor 1850 der Versicherungsbetrieb .in Österreich-Ungarn durch vier
Aktiengesellschaften und 7 Gegenseitigkeitsvereine, im Jahre 1910 da
gegen durch 100 Aktiengesellschaften und 135 Gegenseitigkeitsanstalten
ausgeübt wurde.
Die Lebensversicherung hat längere Zeit gebraucht, um von dem
klassischen Lande dieses Versicherungszweiges, England, nach Öster
reich-Ungarn zu gelangen; sie fand ihren ersten Vertretei in de:
wechselseitigen Lebensversicherungsanstalt „Janus”, die am 10. No
vember 1839 den Betrieb aufnahm.
Anfang der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden die
ersten Versuche zur Einführung der Viehversicherung gemacht und in