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dagegen fallen Versicherungsgesetze der Gegenseitigkeitsanstalten nicht
unter die Bestimmungen des Handelsgesetzes, sie sind keine Handels
geschäfte. Der prinzipielle Unterschied, der diese verschiedenartige
rechtliche Behandlung beider Gesellschaftsformen begründet, liegt darin,
daß die Versicherungsaktiengesellschaften Versicherungen gegen feste
Prämien abschließen, d. h. die Versicherten zahlen ihr festes, von
vorneherein bestimmtes Versicherungsentgelt; das Risiko eines günstigen
oder ungünstigen Geschäftsergebnisses wird ausschließlich von den
Aktionären getragen. Dagegen haben bei den Gegenseitigkeitsanstalten
die einzelnen Mitglieder selbst das Risiko einer eventuellen Unzuläng
lichkeit der von ihnen gezahlten Prämien zu tragen; bei ungünstigem
Geschäftsgänge haben sie den Verlust durch Nachschußprämien zu
decken, dagegen partizipieren sie aber auch an einem eventuellen
Überschüsse in der Art, daß die zu leistenden Beiträge (Prämien) für
die folgende Rechnungsperiode um den aliquoten Teil reduziert
werden.
Daß der Versicherungsbetrieb der staatlichen Konzession bedarf,
hat seine guten Gründe; man braucht nur an die außerordentlichen
Verpflichtungen zu denken, welche derselbe für die Versicherungs
anstalten gegenüber den Versicherten mit sich bringt und man wird
einsehen, daß in diesem Falle, wo das Wohl und Wehe eines
großen Teiles der Staatsangehörigen von der Solvenz der Gesell
schaften abhängt, der Staat die unbedingte Verpflichtung hat, ordnend
einzugreifen und Kautelen zu schaffen, welche seinen Untertanen
Garantien für die Erfüllbarkeit des Versicherungsvertrages geben.
Dieser Gedanke kommt auch deutlich in den einleitenden Worten
des Versicherungsregulativs vom 31. März 1896, RGB. Nr. 31,
zum Ausdruck, indem dieselben besagen: „Zur Sicherung der steten
Erfüllbarkeit der von denVersicherungsanstalten übernommenen Verpflich
tungen und" zur Wahrung der Interessen der Versicherten werden für
die Errichtung, Einrichtung und Geschäftsgebarung von Versicherungs
anstalten Bestimmungen aufgestellt”, die in den nun folgenden
52 Paragraphen dieses Spezialgesetzes zum Ausdruck gebracht werden,
deren erster lautet: „Zur Errichtung von Versicherungsanstalten ist
die staatliche Konzession erforderlich und haben hierfür die Vor
schriften des Vereinsgesetzes vom 26. November 1852, RGB. 253,
beziehungsweise des Handelsgesetzbuches vom 17. Dezember 1862,
RGB. Nr. 1 ex 1863 zu gelten.
Zur Erlangung der Konzession muß ein Konzessionsgesuch ein
gereicht werden, dessen Inhalt sich aus den §§ 6 bis 10 des Aktien
regulativs ergibt. Die Einbringung dieses Gesuches erfolgt bei der
politischen Landesstelle (Statthalterei oder Landesregierung), in deren
Amtssprengel die Konzessionswerberin ihren Sitz hat. Da vor Akti
vierung eines Gegenseitigkeitsvereines in der Regel Vorarbeiten zu er-
4. Die Übernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur
See und das Darleihen gegen Verbodmung'.