Full text: XIV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (14)

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ist auch Bordeaux wichtig. Le Havre versorgt Nord- und Mittel 
frankreich mit Kolonialwaren und macht in manchen selbst Marseille 
im Süden Konkurrenz. Der großen Textilindustrie Nordfrankreichs 
überseeische Rohstoffe zu liefern, kann nicht Sache Marseilles sein; 
den Seidenimporthandel aber für die Seidenindustrie Lyons und St. Eti- 
ennes besorgt Lyon, während Marseille vornehmlich nur ein verhältnis 
mäßig kleines Kokonsgeschäft (charakteristischerweise wieder mit 
Gebieten am Mittelmeer und Schwarzen Meer) durchführt. So 
verbleibt dem Marseiller Handel im Verhältnis zur weiteren Übersee 
nur ein beschränkter Kolonialwarenimport, der neben dem Reex 
port nach Mittelmeergebieten hauptsächlich auf Absatz im Süd 
osten Frankreichs rechnen kann, und ein Importgeschäft in Roh 
stoffen für die lokale Industrie, das aber durch verschiedene Umstände, 
insbesondere tveil die Fabrikanten ihren Bedarf zu großem Teil bei 
Agenten der Exporthäuser decken, seine nicht allzuweiten Grenzen 
hat und in diesen noch vielfach auf das unfreie Gebiet des Kommis 
sionsgeschäftes gedrängt ist. 
Für eine Reihe von Waren, die teils aus der weiteren, teils 
aus der näheren Übersee stammen (wie Wolle, Häute, Baumwolle, 
Seide, Kaffee), ist keine günstige Entwicklung des Marseiller 
Handels zu konstatieren. Zumindest relativ nimmt die Bedeutung des 
Marseiller Handels für diese Waren ab, für einige (Baumwolle, Seide) 
ist der Handelsverkehr des Platzes schon auf ein Minimum gesunken. 
— Ein irgendwie bedeutenderer Importhandel zu Lande aus europäi 
schen Auslandsgebieten kann nach der geographischen Lage Marseilles 
nicht in Frage kommen. Ausländische Industrieprodukte werden — 
von dem Wiederverkäufe solcher nach Übersee-, bzw. Mittelmeerländern, 
der nicht sehr belangreich ist, abgesehen —- vornehmlich nur für 
Marseille und das umliegende Gebiet bezogen, aber auch das nur in 
geringem Maße direkt aus dem Auslande, weil das Zentrum im 
Industrialienhandel Frankreichs, Paris, seine Verkaufsbeziehungen auch 
bezüglich ausländischer Erzeugnisse selbst bis nach Marseille erstreckt, 
ln größerem Maße werden durch Marseiller Handelsfirmen auf Grund 
von Zusendungen zur See einige Rohstoffe aus dem europäischen 
Auslande (Holz von Nordeuropa, Kohle von England) gekauft. — Im 
rein nationalen Handel (Einkauf französischer Erzeugnisse und Verkauf 
derselben in Frankreich) spielt Marseille mehr oder minder nur die 
Rolle eines Verkäufers für Waren der nächstliegenden Produktion und 
eines Einkäufers für den Konsum Marseilles und seines Umkreises. 
Aus alledem ergibt sich, daß Marseille als Handelsplatz 
doch nur auf einem beschränkten Gebiete eine große Be 
deutung zukommt, daß der Handel im engeren Sinne den großen 
Warenverkehr des Platzes nicht zu erklären vermöchte. 
Im Marseiller Auslandshandel spielt der internationale Zwi 
schenhandel eine außergewöhnlich große Rolle. Zum größten Teil 
ist es Zwischenhandel mit Zwischenverkehr, indem die umgesetzten 
Waren vor ihrem Weiterverkäufe nach Marseille gebracht werden.
	        
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