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ist auch Bordeaux wichtig. Le Havre versorgt Nord- und Mittel
frankreich mit Kolonialwaren und macht in manchen selbst Marseille
im Süden Konkurrenz. Der großen Textilindustrie Nordfrankreichs
überseeische Rohstoffe zu liefern, kann nicht Sache Marseilles sein;
den Seidenimporthandel aber für die Seidenindustrie Lyons und St. Eti-
ennes besorgt Lyon, während Marseille vornehmlich nur ein verhältnis
mäßig kleines Kokonsgeschäft (charakteristischerweise wieder mit
Gebieten am Mittelmeer und Schwarzen Meer) durchführt. So
verbleibt dem Marseiller Handel im Verhältnis zur weiteren Übersee
nur ein beschränkter Kolonialwarenimport, der neben dem Reex
port nach Mittelmeergebieten hauptsächlich auf Absatz im Süd
osten Frankreichs rechnen kann, und ein Importgeschäft in Roh
stoffen für die lokale Industrie, das aber durch verschiedene Umstände,
insbesondere tveil die Fabrikanten ihren Bedarf zu großem Teil bei
Agenten der Exporthäuser decken, seine nicht allzuweiten Grenzen
hat und in diesen noch vielfach auf das unfreie Gebiet des Kommis
sionsgeschäftes gedrängt ist.
Für eine Reihe von Waren, die teils aus der weiteren, teils
aus der näheren Übersee stammen (wie Wolle, Häute, Baumwolle,
Seide, Kaffee), ist keine günstige Entwicklung des Marseiller
Handels zu konstatieren. Zumindest relativ nimmt die Bedeutung des
Marseiller Handels für diese Waren ab, für einige (Baumwolle, Seide)
ist der Handelsverkehr des Platzes schon auf ein Minimum gesunken.
— Ein irgendwie bedeutenderer Importhandel zu Lande aus europäi
schen Auslandsgebieten kann nach der geographischen Lage Marseilles
nicht in Frage kommen. Ausländische Industrieprodukte werden —
von dem Wiederverkäufe solcher nach Übersee-, bzw. Mittelmeerländern,
der nicht sehr belangreich ist, abgesehen —- vornehmlich nur für
Marseille und das umliegende Gebiet bezogen, aber auch das nur in
geringem Maße direkt aus dem Auslande, weil das Zentrum im
Industrialienhandel Frankreichs, Paris, seine Verkaufsbeziehungen auch
bezüglich ausländischer Erzeugnisse selbst bis nach Marseille erstreckt,
ln größerem Maße werden durch Marseiller Handelsfirmen auf Grund
von Zusendungen zur See einige Rohstoffe aus dem europäischen
Auslande (Holz von Nordeuropa, Kohle von England) gekauft. — Im
rein nationalen Handel (Einkauf französischer Erzeugnisse und Verkauf
derselben in Frankreich) spielt Marseille mehr oder minder nur die
Rolle eines Verkäufers für Waren der nächstliegenden Produktion und
eines Einkäufers für den Konsum Marseilles und seines Umkreises.
Aus alledem ergibt sich, daß Marseille als Handelsplatz
doch nur auf einem beschränkten Gebiete eine große Be
deutung zukommt, daß der Handel im engeren Sinne den großen
Warenverkehr des Platzes nicht zu erklären vermöchte.
Im Marseiller Auslandshandel spielt der internationale Zwi
schenhandel eine außergewöhnlich große Rolle. Zum größten Teil
ist es Zwischenhandel mit Zwischenverkehr, indem die umgesetzten
Waren vor ihrem Weiterverkäufe nach Marseille gebracht werden.