Full text: XIV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (14)

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größeren Kundenkreis kennen gelernt haben und sich nun selbständig 
machen wollten, ohne das nötige Kapital zu einem eigenen Betriebe 
oder für den Fall eines solchen den nötigen Kredit zu besitzen. Sie 
haben nun ihr Bureau in dem Betriebe der finanzierenden Firma und 
bedienen sich der Hilfskräfte derselben (auch während sie Geschäfts 
reisen unternehmen), wodurch ihr Geschäftsgebahren unter steter Kon 
trolle des Geldgebers steht. Ihren Kunden gegenüber treten sie selbst 
ständig auf. Die Fakturen werden in ihrem Namen ausgestellt, Briefe 
und Tratten von ihnen unterzeichnet. Die Tratten aber übergeben 
sie giriert (regelmäßig in bianco) an die finanzierende Firma, die 
sie gelegentlich an ihren Bankier weitergibt, doch gewöhnlich ohne 
ihr eigenes Giro, nur gegen zivilrechtliche Haftung, damit der Kunde 
bei Bezahlung des Wechsels nicht auf das Verhältnis zwischen Ver 
käufer und finanzierender Firma aufmerksam werde. Beschäftigt sich 
die letztere, wie es in Marseille gewöhnlich der Fall ist, mit denselben 
Waren, so erhält der kleine Zwischenhändler die Ware, die er 
braucht, vom Geldgeber zu festen Preisen. Der Gewinn, den er erzielt, 
geht für seine Rechnung; doch kommt auch die Abmachung vor, 
daß an .dem Reingewinne das finanzierende Haus partizipiert. Das 
letztere belastet den Zwischenhändler mit allen Spesen, die sich er 
geben, auch mit jenen der Kreditinformationen, die es über die 
Kunden des Zwischenhändlers zur eigenen Sicherung einzieht. Der 
artige Geschäftsverhältnisse sind übrigens auch irrt übrigen Frankreich, 
insbesondere in Paris im Exporthandel häufig anzutreffen. 
Ziemlich allgemein ist es üblich, für den Platzverkehr Mäkler 
(courtiers) zu verwenden. Selbst Agenten bedienen sich sehr häufig der 
Vermittlungstätigkeit der Mäkler. Das ist zurrt Teil darauf zurückzu 
führen, daß die Mehrzahl der Kommissionäre und Agenten, gelegentlich 
auch Eigenhändler sich in sehr verschiedenartigen. Branchen betätigen, 
für die sie dann nicht immer die nötigen Branchenkenntnisse be 
sitzen. Das Mäklergewerbe im Warenhandel ist bekannterweise in Frank 
reich ein freies Gewerbe, worauf es zurückzuführen ist, daß in Marseille 
viele Mäkler gleichzeitig als Agenten und Kommissionäre auch. Verkehr 
mit auswärtigen Firmen unterhalten und manche selbst für eigene 
Rechnung Geschäfte (im Oelhande! z. B. auch oft große Spekulationen) 
betreiben. Es können sich aber die Warenmäkler unter gewissen 
Voraussetzungen beim . tribunal de commerce (Handelsgerichte) in eine 
besondere Liste eintragen und beeidigen lassen, (courtiers asser- 
mentes oder inscrits); derartige Mäkler genießen Vorrechte. So 
ist ihnen das Recht reserviert, in . Städten mit einer Handelsbörse 
die offiziellen Warenkurse allein oder mit Zuziehung anderer 
Personen nach bestimmten Vorschriften vorzunehmen sowie Groß 
handelsauktionen für ungebrauchte Güter, soweit solche nach dem 
Gesetze nur von Mäklern abgehalten werden dürfen, abzuhalten. Sie 
sind in Marseille zu einem „Syndicat des courtiers assermentes pres 
le tribunal de commerce” vereinigt. 
.Eine regelmäßige offizielle Kursfeststellung mit Publikation
	        
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