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der Bevorzugung minderer Qualitäten durch die Konsumländer, was
besonders für Deutschland zutrifft, woran allerdings die in diesem
Lande vorgenommene Zollerhöhung mit schuld trägt.
Bezüglich des Londoner Kaffeehandelsstandes sei erwähnt, daß
die Merchants und Brokers durchwegs Engländer sind, während sich
das Exportgeschäft vornehmlich in Händen deutscher Firmen befindet.
Der Londoner Kaffeeexport richtet sich nach allen Kaffee trinkenden
Ländern, vornehmlich aber nach Deutschland, Österreich, Rußland, den
nordischen Ländern, den Mittelmeerländern; Persien, und den vielen
kleineren englischen Kolonien, die selbst keinen Kaffee produzieren.
Die Londoner Kaffeeexporteurc sind zum Teile reine Einkaufs
kommissionäre und finden daher ihren Nutzen lediglich in der Ein
kaufskommission, die gewöhnlich 2% vom Einkaufsfakturawerte be
trägt, zum Teile aber — und dies sind die kapitalskräftigeren Firmen —
sind sie Eigenhändler, halten ein großes Lager und sind dadurch natür
lich in der Lage, aus den Fluktuationen des Marktes Nutzen zu ziehen.
Der Verkehr mit den ausländischen Kunden basiert hauptsäch
lich auf Mustersendungen, weniger auf der Aussendung von Reisenden
oder auf persönlichem Besuche.
Die Konditionen, zu denen an die Kunden verkauft, bezie
hungsweise für sie eingekauft wird, sind verschiedene. Vorherrschend
ist die Kondition: Kassa mit l°/ 0 Skonto oder dreimonatliches Akzept.
Daneben finden sich aber Konditionen wie: Netto Kassa nach Emp
fang der Ware, sofortige Bezahlung gegen Auslieferung der Doku
mente usw. usw. Zum Schlüsse soll noch durch zwei Originalfakturen der
Kaffeeexport als Kommissionshandel einerseits, als Eigenhandel ander
seits, beleuchtet werden.
Der in Faktura A berechnete Preis von 80/— pro cwt. repräsentiert
„die ersten Kosten” (first cost), d. h. den durch den direkten Import
von Übersee, beziehungsweise durch den Auktionseinkauf sich ergeben
den Preis „frei London”, worin jedoch die Auktionsspesen noch nicht
inbegriffen sind. Versicherung und Fracht werden in diesem Beispiele
durch den Kommittenten beglichen.
Faktura B bezieht sich auf einen Export im Eigenhandel; der
Exporteur stellt daher den Preis C. I. F. Importhafen des Bestimmungs
landes an, weshalb die Berechnung jeglicher Spesen entfällt.
Der Rembours erfolgt entweder durch Scheckrimesse London in
der Höhe des Fakturabetrages, der sich ja in beiden Fällen „per heute”
versteht, oder beiTrassierung per 3 Monate auf den Käufer (Kommittenten)
oder seine Bank durch Umrechnung des Fakturabetrages zum Londoner
Dreimonatkurse für Wechsel des Importlandes. Notierte beispielsweise
Wien per 3 Monate in London 2 4‘44, so hätte die zur Deckung der
Faktura B ausgestellte Tratte zu lauten auf:
£ 490.7.6 X 24'44 = ÄTl.984‘75 per 12. Juni 1912.
Die Dokumente würden sodann gegen Akzeptierung dieser Tratte
ausgehändigt, wodurch die Transaktion, normale Umstände vorausge
setzt, abgeschlossen erscheint.