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den Mieter, oder dem Mieter gegen den Hauseigentümer, oder
einem von den beiden gegen den Nachbarn obliegt. Der Begriff
Wert umfaßt daher nur einen Nutzen, der Begriff Interesse
möglicher weise auch einen Schaden. Bei der Versicherung des
positiven Interesses handelt, es sich um die Sicherung eines
Nutzens, durch dessen Ausfall ein Schaden eintritt. bei der Ver
sicherung des negativen Interesses handelt es sich um die Ver
meidung eines Schadens, durch dessen Eintritt ein Vermögens
wert ausfällt.
Da der Versicherer das volle Risiko für das positive Inter
esse trägt, so erscheint es billig, daß er für die Versicherung
des negativen Interesses eine besondere Prämie erhalte. Tatsäch
lich muß ja auch der Versicherte, der den risque du proprie-
taire, risque locataire, risque voisin decken will, oder der die
Kosten sicherstellen will, welche die Aufräumung des Brand
schuttes verursacht, hiefür eine besondere Prämie entrichten. In
diesen Fällen handelt es sich um negative Interessen, denen kein
aus dem Vermögen des Versicherten ausfallender Nutzen gegen
übersteht.
Es gibt aber negative Interessen anderer Art, welche ohne
besondere Zusatz Versicherung und ohne besondere Prämie in die
Versicherung des positiven Interesses eingeschlossen werden.
Solche negative Interessen sind die Rettungskosten, z. B.
die Löhne der aufgenommenen Löschmannschaft, und überhaupt
alle Rettungskosten im weitesten Sinne, z. B. die Kosten für das
Umschaufeln der genäßten Ware, oder die Kosten für den Trans
port von Vorräten, die gegen Entwertung durch inneren Verderb
versichert sind, in eine andere Fabrik behufs weiterer Verarbeitung.
Durch Aufwendung dieser Kosten wird dem Versicherer ein
Schaden am positiven Interesse erspart, er kompensiert daher
diese für die Rettung des positiven Interesses aufgewendeten
Kosten gewissermaßen mit der für dieses gerettete positive Interesse
erhaltenen Prämie. Natürlich kann die Aufwendung solcher Kosten
von seiten des Versicherers nur so lange rationell genannt werden,
als sie den Betrag des geretteten positiven Interesses nicht
übersteigen.
Da der Versicherer, wenn auch die Versicherungssumme größer
ist als der Versicherungswert, doch immer nur für den kleineren
Versicherungswert haftet, so brauchte er einen derartigen Schaden
am negativen Interesse auch im Falle einer Überversicherung
folgerichtig nur insoweit auf sich zu nehmen, als er zusammen
mit dem Schaden am positiven Interesse den Versicherungswert
nicht übersteigt. Da der Versicherer jedoch das größte Interesse
daran hat, daß sich der Versicherte bei den Rettungsarbeiten
nicht lässig zeige, so hat er auch für den Fall einer Überver
sicherung bestimmt, daß die Gesamtentschädigung für den posi
tiven Schaden und die Rettungskosten nicht schon durch den
Versicherungswert, sondern erst durch die Versicherungssumme