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und Arbeitslöhne im Preise gestiegen, so findet der Versicherte
in der Entschädigung gegenüber den seinerzeitigen Selbst
gestehungskosten einen Gewinn, der allerdings in der Regel nur
einen Teil des legitimen Gewinnes beträgt, den er ohne Brand
erzielt hätte. Man sieht hieraus, daß der Versicherer genau zwischen
zweierlei Gewinnen unterscheidet, daß er den Gewinn aus der
öffentlichen Preisbildung ersetzt, aber den Unternehmergewinn
ausschließt. Man kann sich diesen Vorgang auch in folgender
Weise plausibel machen. Da der Versicherer dem Fabrikanten
nicht den Marktpreis (Verkaufspreis) seiner fertigen Ware ver
gütet, so muß er ihm doch mehr geben als den Selbstkostenpreis,
er muß ihn wenigstens in die Lage versetzen, die verbrannten
Waren nachzuerzeugen, so wie er dem Besitzer von Gebrauchs
gegenständen nicht den Einkaufspreis, sondern den Nach
schaffungspreis derselben ersetzt. Nur dann ersetzt der Ver
sicherer den Marktpreis, wenn der Versicherte mit Verlust ge
arbeitet hat, d. h. wenn der Nacherzeugungspreis sich höher als
der Marktpreis stellen würde.
Zwischen dem Gewinn aus der öffentlichen Preisbildung und
dem Unternehmergewinn lassen sich allerdings nicht immer ganz
scharfe Grenzen ziehen. Dies würde voraussetzen, daß der Markt
preis der fertigen Waren allen Preisbewegungen der Rohstoffe
und Arbeitslöhne folgt, was bei unseren komplizierten wirtschaft
lichen Verhältnissen jedoch nicht der Fall ist. Die Fabrikatpreise
können bei Überproduktion trotz steigender Rohstoffpreise ab-
flauen, anderseits können die Fabrikatpreise infolge einer günstigen
Konjunktur trotz sinkender Rohstoffpreise in dieHöhe schnellen. Der
Versicherte kann in dem einen Falle einen hohen Preisbildungs
gewinn aus den Rohstoffen, aber einen geringen Preisbildungs
gewinn oder einen Preisbildungsverlust an den Fabrikaten er
fahren und umgekehrt. Die geschilderte Methode des Versicherers
kann daher dazu führen, daß der Versicherte, auf die verbrannten
fertigen Fabrikate bezogen, in dem einen Falle doch auch einen
Teil des Unternehmergewinnes, in dem anderen Falle aber weniger
als den Preisbildungsgewinn vergütet erhält. Der Umstand also, daß
der Preisbildungsgewinn an Rohstoffen und Fabrikaten nicht Hand in
Hand geht, verwischt die Grenzen zwischen Preisbildungsgewinn und
Unternehmergewinn, und man wird einräumen müssen, daß hierin
ein Mangel dieses Bewertungsverfahrens gelegen ist. Dieser Mangel
wäre natürlich sofort behoben, wenn der Versicherer für fertige
Fabrikate die Verkaufspreise vergüten könnte. Dies ist jedoch
unmöglich, weil die Verkaufspreise zum großen Teile Phantasie
preise, und überhaupt nur Hoffnungspreise sind. Eine Modistin
kann für einen Damenhut, an dem Material und Arbeit 60 K
kosteten, 200 K verlangen und möglicherweise auch bekommen.
Der Manufakturwarenfabrikant versieht sich für die neue Saison
mit einer großen Menge neuer Gewebe und neuer Dessins. Ein
Teil derselben wird einschlagen, wird vielleicht sogar Mode