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des Nutzungsentganges ist jedoch Sache dei’ Chomageversicherung.
Dem Besitzer eines abgebrannten Miethauses wäre mit der Ver
gütung des aus dem Produktionsprozesse stammenden Kapital
zinses sehr wenig gedient, denn zwischen diesem Kapitalzinse und
dem Nutzungsverluste besteht im allgemeinen ein sehr bedeuten
der Unterschied. Der genannte Kapitalzins kommt nur staffelweise,
nach Fortschritt des Produktionsprozesses, beziehungsweise im
Verhältnisse der fortschreitenden Kapitalsinvestition zur Ent
stehung, die Nutzung sofort vom ganzen Betrage des Kapitals
und zwar nicht bloß vom investierten Kapitale, sondern auch von
dem durch den Produktionsprozeß erzeugten und im Hauswerte
aufgespeicherten Kapitalzins. Die Dauer des Nutzungsverlustes
kann infolge der ungünstigen Jahreszeit viel länger sein als die
Dauer des entsprechenden Produktionsprozesses war. Endlich
rührt die entgehende Nutzung aber auch von einem Werte her,
der gar nicht dem Produktionsprozesse entstammt, und der gar
nicht versichert ist, nämlich von dem Grundwerte des Hauses.
Wenn man also die beiden parallel verlaufenden Gewinn
elemente — den zerstörten Kapitalgewinn aus dem Produktions
prozesse und den Nutzungsentgang — vergleicht, so findet man,
daß den Bedürfnissen des Versicherten nur durch die Chomage
versicherung genügt werden kann.
Der Feuersachversicherer überläßt daher die Vergütung des
Nutzungsentganges dem Betriebsstillstandversicherer. Da er aber
anderseits, wie wir gesehen haben, doch nicht umhin kann, gewisse
Gewinnelemente im Rahmen der Feuersachversicherung zu ent
schädigen, z. B. den Kapitalzins für das Betriebskapital des Fabri
kanten unter dem Titel der Regie, den Kapitalzins für nachzusehaf-
fende Maschinen in den Postnumerandopreisen, und sogar einen
Unternehmergewinn in den Markt- oder Verkaufspreisen, so dürften
sich in Zukunft recht schwierige Auseinandersetzungen zwischen
Feuersach- und GhomageVersicherer ergeben, und es wird jeden
falls auch darauf geachtet werden müssen, daß der Versicherte
sich nicht durch eine Doppelvergütung bereichere.
Damit habe ich Ihnen so ziemlich alles vorgebracht, was in
dem engen Rahmen unserer Vorträge über den Umfang der
Leistungen des Feuersachversicherers gesagt werden konnte, ja
ich fürchte, manche werden finden, daß ich schon mehr vorge
bracht habe, als dem Anfänger zu wissen notwendig ist. Ich habe
aber selbst stets die Quellen vermißt, aus welchen sich der
praktische Feuerversicherer über diese Fragen orientieren könnte,
und das Wenige, was gedruckt hierüber vorliegt, ist recht un
vollständig und zudem von einem einseitig juristischen oder
praktischen Gesichtspunkte aus behandelt ohne Berücksichtigung
der Beziehungen zur Werttheorie und Kapitalzinstheorie, obwohl
die Erkenntnisse der Nationalökonomie für Theorie und Praxis
der Feuerversicherung sich gleich furchtbar erweisen könnten.
Der Anfänger braucht daher Jahre, um sich an den ihm unter-