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kommenden geschäftlichen Vorfällen gewisse Begriffe klar zu
machen, gewisse Erfahrungen zu sammeln, und dann sind seine
Blicke naturgemäß immer auf das Einzelne gerichtet, und er kommt
im Drange seiner Tätigkeit nicht dazu, den Zusammenhang der
verschiedenen Erscheinungen zu erkennen, und dies um so mehr,
als er, wie ich gezeigt habe, in den Versicherungsbedingungen
und in der Praxis auf mancherlei verwirrende und schwer er
klärliche Inkongruenzen stößt. Ich habe daher mit meinen Aus
führungen die Absicht verfolgt und würde mich freuen, wenn
ich dieselbe wenigstens zum Teile erreicht haben sollte, dem
Jünger, welcher sich dem Feuerversicherungswesen widmen will,
den Antrieb und die Anleitung zu weiterem Nachdenken zu geben,
damit man von ihm einmal nicht sagen soll:
„Hat die Teile in der Hand,
kehlt ihm leider nur das geistige Band”.
lii. Technik der Feuerversicherung.
Unsere heutigen Betrachtungen gelten einigen Kapiteln aus
der Technik der Feuerversicherung. Da erscheint es angezeigt
zu fragen, welches sind die Ziele, welche der Feuerversicherer
mit seiner Technik verfolgt, welches sind die Mittel, die er an
wendet, und was vermag er damit zu erreichen?
Die Feuerversicherung hat so pflegt mau zu sagen —
einen aleatorischen Charakter, das will besagen: sie hat den
Charakter eines Würfelspiels. Dabei denkt man daran, daß das
Feuer eine Naturkraft ist, die trotz allen Menschenwitzes, trotz
aller bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften immer wieder, un
berechenbar und mit elementarer Gewalt, die ihr gelegten Fesseln
sprengt und Jahr um Jahr ungeheure wirtschaftliche Werte ver
nichtet, und zwar in immer wechselndem Ausmaße, ohne daß sich
hinsichtlich des B ran d sc ha d en verl a u f es eine Gesetzmäßigkeit er
kennen ließe, ähnlich derjenigen, wie sie z. B. für das Absterben
der Menschen festgestellt worden ist.
Der Feuerversicherer, der die wirtschaftliche Existenz des
Einzelnen sichern soll, ohne dessen Wirtschaft zu führen und
ohne die behördlichen Befugnisse zum Eingreifen in dieselbe zu
haben, befindet sich noch dazu dem schadenstiftenden Elemente
gegenüber unter den genannten drei Interessenten in der un
günstigsten Position. Trotzdem wäre es verfehlt zu glauben, der
Feuerversicherer könne nichts anderes tun, als die Hände in den
Schoß zu legen und ruhig zu warten, was die Ereignisse ihm
bringen werden. Es gibt eine Kunst, das Feuerversicherungsgeschäft
zu disziplinieren, Prämien und Schäden in das richtige Verhältnis
zu bringen und in außergewöhnlich ungünstigen Jahren zumindest