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liehst spät bemerken und damit der Brand mittlerweile sein Zer
störungswerk vollende.
So richtig dieser Schluß angesichts der vorliegenden Um
stände damals schien, so kann ich ihn doch gleichzeitig als
Beleg dafür anführen, auf wie schwachen Füßen alle unsere Kom
binationen stehen und wie sehr wir uns vor Augen halten müssen,
daß menschliche Sinne und der menschliche Verstand Irrtümern
unterworfen sind
Es kann daher auch nicht Sache des Feuerversicherers sein,
auch wenn sich Verdachtsmomente gegen den V ersicherten er
geben, gegen denselben eine Anzeige zu erstatten.
Die Untersuchung der Brandursache erfolgt in der Weise,
daß man durch Lokalaugenschein und Befragen von Zeugen die
BrandausbruchstelLe und die Richtung der Brandausbreitung fest-
zustellen sucht und sodann diese Umstände mit den möglichen
Feuerquellen und den Verrichtungen der im Hause beschäftigten
Personen in Beziehung bringt. Die genaue Untersuchung der
Brandursache schafft auch die Grundlage, um Ersatzansprüche
für Schäden, welche nicht unter die Haftung des Feuer Versicherers
fallen, zurückweisen zu können. Dies gilt nicht bloß für Betriebs
schäden, welche keine Brandschäden sind, sondern z. B. auch füi
Sturmschäden, welche dem Feuerversicherer häufig unter der
Flagge von Blitzschäden gemeldet werden.
' Die Untersuchung der Brandausbreitung an Hand der Brand
spuren wird dem Liquidator oft manche Überraschungen bringen.
Kommt er z. B. in ein ebenerdiges Wohnhaus, dessen Dach ab
gebrannt ist, und dessen Tramdecken fehlen, während die Mauern
samt Fenstern und Türen unbeschädigt stehen geblieben sind,
findet er weder Brandreste von den r l rämen noch Brandspuren
an den Mauerstellen, auf welchen sie auf lagen, findet er vielleicht
auch die Öfen und Herde eingestürzt, so steht der Liquidator
einem Zerstörungsakt gegenüber, welchen die Bewohner im An
schlüsse an den Brand durch Demolierung der Decken und Öfen
vorgenommen haben, weil sie wissen, daß die Assekuranz un
beschädigt gebliebene Gegenstände nicht entschädigt, und weil
sie os für vorteilhaft finden, beim Wiederaufbau möglichst freie
Hand zu haben.
Ich kann leider nicht leugnen, daß ein solcher Vandalismus
manchmal vorkommt, namentlich war dies in einigen Land
städten der Fall, in welchen die bestehenden Schindeldachungen,
einem unbekannten Naturgesetz folgend, der Reihe nach aus
brannten, und in welchen wegen der vielen Brände sozusagen
eine Tradition herrschte, wie man sich in Brandschadenfällen zu
benehmen habe.
Nach Ermittlung der Schadensursache obliegt dem Liqui
dator die Aufgabe, die Übereinstimmung der Angaben im Anträge
und in der Polizze mit den tatsächlichen Verhältnissen vor dem
Brande zu kontrollieren. Diese Prüfung muß sich sowohl auf die