Das Zelluloid und seine Ersatzstoffe.
Unter Schnitzstoffe und Drechslerwaren pflegt man die ver
schiedensten Produkte zusammenzufassen, die sich mit messerartigen
Werkzeugen bearbeiten lassen. Sie entstammen allen drei Reichen
der Natur. Yon den bekannteren tierischen Produkten seien
erwähnt Bein, Horn, Hirschhorn, Elfenbein, Schildpatt. Einer der
wichtigsten Schnitzstoffe des Pflanzenreiches ist das Holz und von
den mineralischen Substanzen sollen Meerschaum und Speckstein,
Alabaster und Marmor genannt sein.
Diese erwähnten Stoffe sind Naturprodukte. Nun bilden auch
einzelne Kunstprodukte, wie z. B. der Hartgummi oder Ebonit
und das Zelluloid wichtige Drechsler- und Schnitzmaterialien.
Yon dem Zelluloid soll hier die Rede sein. Es ist ein äußerst
vielseitig verwendbarer Körper. Es haftet ihm aber ein schwerer
Geburtsfehler an und das ist seine Feuergefährlichkeit. Deshalb
haben die Behörden besondere Maßregeln sowohl zum Schutze des
Arbeiters als auch des Publikums angeordnet, von denen manche
naturgemäß für die Entwicklung der Zelluloidindustrie einen Hemm
schuh bilden. Es ist wohl wörtlich zu nehmen, daß die Frage nach
Ersatzstoffen des Zelluloids eine „brennende” ist. Schon früh
zeitig war man bemüht, Ersatzmittel zu finden, welche die guten
Eigenschaften des ZelIuloi4s in bezug auf die vielseitige Verwen
dung zeigen, ohne dessen schlechte Eigenschaften (Brennbarkeit
und Geruch) zu besitzen. Erst nach langen Mühen und vielen
Versuchen ist es gelungen, vollwertige Ersatzstoffe zu schaffen
und es ist daher selbstredend, daß die Ersatzstoffe des Zelluloids
ein ganz besonderes Interesse beanspruchen, da es sich dabei um
Einführung einer ganz neuen Industrie handelt.
Die Zelluloidindustrie ist erst verhältnismäßig spät begründet
worden. In Deutschland wurde sie im Jahre 1880 eingeführt. Sie
hat sich dort sehr bald heimisch gefühlt, hob sich von Jahr zu
Jahr, so daß bereits im Jahre 1906 der Wert ihrer Erzeugnisse
75 Millionen Mark betrug. Das Ausgangsmateriale für die Zelluloid
erzeugung, die Nitrozellulose, wurde im Jahre 1846 von Schön
bein und Böttger entdeckt. Durch Lösung dieses Stoffes und Bei
mengung von organischen und anorganischen Produkten gelang