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es, plastische Massen herzustellen, mittels welchen man Horn
und Bernstein nachahmen konnte.
Parkes hat zuerst in Bingland diese Industrie begründet, indem
er im Jahre 1865 die Nitrozellulose in Anilin, Nitrobenzol und
Eisessig auflöste. Diese Lösung verwendete er zum Wasserdicht
machen von Kleidungsstoffen, zum Isolieren von Telegraphen
drähten und zur Herstellung von Röhren. Er verfertigte durch
Hinzufügen entsprechender Füll- und Farbstoffe Massen, aus denen
er Messergriffe, Kämme und Marmorimitationen herstellte und er
nannte die Masse Parke sin, respektive Parkesit. Der hohe Preis
des Materiales hinderte aber die Einbürgerung und Weiterver
breitung dieser neuen Industrie.
Im Jahre 1869 wurde das Zelluloid (auch Zelihorn genannt),
von den Brüdern Ilyatim in Newark (New-Jersey) erfunden.
Sie stellten die Nitrozellulose aus uugeleimtem Papier her 1 , mischten
2 Teile niedrig nitrierter Zellulose mit 1 Teil Kampfer und er
hielten eine plastische Masse, die hornig erstarrte und die sich
durch Alkohol in gelatinöse Form bringen ließ. Durch Beimischen
von Farbstoffen oder Körperfarben konnte man das Produkt färben
und wenn das Lösungsmittel (Alkohol) verdunstete, wurden feste,
harte Massen erhalten.
Damit war der Zelluloidindustrie derWeg gebahnt und im Sturm-,
schritt wurden für das erzeugte Produkt stets neue Gebiete erobert.
Bei der Zelluloidindustrie hat man zwei verschiedene Betriebe
zu unterscheiden. Die Herstellung des Rohzelluloids, das ist ein
Halbfabrikat, das in den Zelluloidfabriken erzeugt wird und
die daraus gefertigten Fabrikate, mit deren Erzeugung sich die
Z e 11 u I o i d w a r e n fab rik en beschäftigen.
Die Zelluloidfabriken stellen den Rohstoff in Form von
Platten, Röhren, Stäben in verschiedener F’arbe und verschiedener
Stärke dar, wobei bei der Herstellung des Rohstoffes schon den
Wünschen des Zelluloidwarenfabrikanten entsprochen werden muß.
Der letztere fertigt dann auf mechanischem Wege durch Sägen,
Pressen, Drehen, Formen, eventuell durch Blasen die vielerlei
Gegenstände, die wir im Handel vorfinden. Die Darstellung und
Verarbeitung des Zelluloids erfordert eigentlich drei Betriebe,
l. Die Herstellung des Ausgangsmaterials, die Nitrozellulose, 2. die
Darstellung des Halbfabrikates, wie sie die Rohzelluloidfabriken
liefern und 3. die Verarbeitung desselben zu Gebrauchsgegen
ständen, die in den Zelluloidwarenfabriken erfolgt.
Die Rohzelluloidfabriken unterscheiden sich ganz wesentlich
von den Zelluloidwarenfabriken. Erstere gibt es nicht viele, doch
sind es stets Großbetriebe, letztere sind wieder in größerer Zahl
anzutreffen. Sie arbeiten teils als Großbetriebe, teils nur in sehr
bescheidenem Umfange. Betriebe mit 100 Arbeitern sind ziemlich
selten. Solche mit 4 Arbeitern sind öfter anzutreffen.
In Deutschland gab es im Jahre 1906 8 Rohzelluloidfabriken,
die ungefähr 5'5 Millionen Kilogramm Rohzelluloid herstellten, im