Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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gleich sind, erfolgt der Abschluß des Arbeitsvertrages gewöhnlich 
in der Weise, daß dem neu eintretenden Arbeiter ein Exemplar 
der sogenannten „Fabriksordnung’’ ausgefolgt wird, deren 
Empfang und Kenntnisnahme er bestätigt. In Österreich ist durch 
die Bestimmungen der Gewerbeordnung festgesetzt, daß in jeder 
Werkstätte, wo mindestens 20 Arbeiter beschäftigt sind, die Arbeits 
oder Fabriksordnung angeschlagen werden muß. 
Die wichtigsten Bestimmungen einer solchen Fabriksordnung 
sind in nachstehendem Beispiel enthalten: 
Fabriksordfrung. 
Vorderseite. 
N. N. 
Armaturenfabrik 
Prag. 
Bestätigung 
für Franz Netzier aus Karwin darüber, daß er in meiner Fabrik 
seit 12. Mai 1911 als Schlosser beschäftigt ist und bei seinem Ein 
tritte sein Arbeitsbuch sowie zwei Arbeitszeugnisse hinterlegt hat. 
Wien am 12. Mai 1911. N. N. 
Lohn pro Stunde 42 Heller. 
Anmerkung: Ohne Rückgabe dieser Bestätigung wird kein 
Dokument ausgefolgt. 
Rückseite. 
1. Die gegenwärtige Fabriksordnung vertritt die Stelle eines zwischen dem 
Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossenen Vertrages. 
Jeder Arbeiter meiner Fabrik ist verpflichtet, diese Fabriksordnung, 
mit welcher er sich bei seinem Arbeitseintritte einverstanden erklärt, in 
allen Punkten zu beobachten. 
2. Die Aufnahme der Arbeiter geschieht nur gegen Übergabe des ordnungs 
mäßigen Arbeitsbuches. Dieses sowie sonstige gesetzmäßig gestattete 
Dokumente werden gegen eine Arbeitsbestätigung, auf deren Rückseite 
diese Fabriksordnung gedruckt ist, im Fabriksbureau deponiert und 
beim Austritt gegen Rückstellung dieser Arbeitsbestätigung wieder aus 
gefolgt. 
3. Folgende Arbeiterkategorien sind in meiner Fabrik beschäftigt: Schlosser, 
Dreher, Bohrer, Fraiser, Hobler, Kupferschmiede, Anstreicher, Tischler, 
Kesselwärter, Packer, dann Lehrlinge vom vollendeten 14. Lebensjahre 
angefangen für leichtere Fabriksarbeiten, welche ihrer Gesundheit und 
körperlichen Entwicklung nicht nachteilig sind. Weibliche Arbeiter ge 
langen nicht zur Verwendung. 
4. Die Lehrlinge sind gehalten, die gewerbliche Fortbildungsschule zu be 
suchen; für die durch den Schulbesuch versäumte Zeit wird ihnen kein 
Lohnabzug gemacht. Sie sind gehalten, ihre Kontrollbücher der Betriebs 
leitung auf Verlangen vorzulegen. 
5. Die Arbeitszeit beträgt an Wochentagen 9 Stunden, an den Feiertagen, 
an welchen der Betrieb nicht vollständig ruht, 5 Stunden; sie beginnt 
um 7 Uhr früh und dauert bis 5 Uhr abends. Die Zeit,von 12 bis 1 Uhr 
wird als Mittagspause festgesetzt. 
0. Die Arbeitszeit ist genau einzuhalten und der Beginn und das Ende 
derselben wird durch eine Dampfpfeife angezeigt. Jeder Ai’beiter bat 
längstens 5 Minuten nach erfolgtem Zeichen an seiner Arbeit zu sein. 
7. Wird aus irgendeinem Grunde die Arbeitszeit verkürzt, so hat der 
Arbeiter nur auf den Lohn für jene Stunden Anrecht, welche er ge-
	        
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