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gleich sind, erfolgt der Abschluß des Arbeitsvertrages gewöhnlich
in der Weise, daß dem neu eintretenden Arbeiter ein Exemplar
der sogenannten „Fabriksordnung’’ ausgefolgt wird, deren
Empfang und Kenntnisnahme er bestätigt. In Österreich ist durch
die Bestimmungen der Gewerbeordnung festgesetzt, daß in jeder
Werkstätte, wo mindestens 20 Arbeiter beschäftigt sind, die Arbeits
oder Fabriksordnung angeschlagen werden muß.
Die wichtigsten Bestimmungen einer solchen Fabriksordnung
sind in nachstehendem Beispiel enthalten:
Fabriksordfrung.
Vorderseite.
N. N.
Armaturenfabrik
Prag.
Bestätigung
für Franz Netzier aus Karwin darüber, daß er in meiner Fabrik
seit 12. Mai 1911 als Schlosser beschäftigt ist und bei seinem Ein
tritte sein Arbeitsbuch sowie zwei Arbeitszeugnisse hinterlegt hat.
Wien am 12. Mai 1911. N. N.
Lohn pro Stunde 42 Heller.
Anmerkung: Ohne Rückgabe dieser Bestätigung wird kein
Dokument ausgefolgt.
Rückseite.
1. Die gegenwärtige Fabriksordnung vertritt die Stelle eines zwischen dem
Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossenen Vertrages.
Jeder Arbeiter meiner Fabrik ist verpflichtet, diese Fabriksordnung,
mit welcher er sich bei seinem Arbeitseintritte einverstanden erklärt, in
allen Punkten zu beobachten.
2. Die Aufnahme der Arbeiter geschieht nur gegen Übergabe des ordnungs
mäßigen Arbeitsbuches. Dieses sowie sonstige gesetzmäßig gestattete
Dokumente werden gegen eine Arbeitsbestätigung, auf deren Rückseite
diese Fabriksordnung gedruckt ist, im Fabriksbureau deponiert und
beim Austritt gegen Rückstellung dieser Arbeitsbestätigung wieder aus
gefolgt.
3. Folgende Arbeiterkategorien sind in meiner Fabrik beschäftigt: Schlosser,
Dreher, Bohrer, Fraiser, Hobler, Kupferschmiede, Anstreicher, Tischler,
Kesselwärter, Packer, dann Lehrlinge vom vollendeten 14. Lebensjahre
angefangen für leichtere Fabriksarbeiten, welche ihrer Gesundheit und
körperlichen Entwicklung nicht nachteilig sind. Weibliche Arbeiter ge
langen nicht zur Verwendung.
4. Die Lehrlinge sind gehalten, die gewerbliche Fortbildungsschule zu be
suchen; für die durch den Schulbesuch versäumte Zeit wird ihnen kein
Lohnabzug gemacht. Sie sind gehalten, ihre Kontrollbücher der Betriebs
leitung auf Verlangen vorzulegen.
5. Die Arbeitszeit beträgt an Wochentagen 9 Stunden, an den Feiertagen,
an welchen der Betrieb nicht vollständig ruht, 5 Stunden; sie beginnt
um 7 Uhr früh und dauert bis 5 Uhr abends. Die Zeit,von 12 bis 1 Uhr
wird als Mittagspause festgesetzt.
0. Die Arbeitszeit ist genau einzuhalten und der Beginn und das Ende
derselben wird durch eine Dampfpfeife angezeigt. Jeder Ai’beiter bat
längstens 5 Minuten nach erfolgtem Zeichen an seiner Arbeit zu sein.
7. Wird aus irgendeinem Grunde die Arbeitszeit verkürzt, so hat der
Arbeiter nur auf den Lohn für jene Stunden Anrecht, welche er ge-