Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

243 
ihm seit langem gewidmet hat. Wäre nur die praktische Bedeu- 
tung Ursache dieser Vorzugsstellung, so müßte beispielsweise 
dbm Verkehrswesen, das gewiß keine kleinere Rolle spielt, ein 
gleicher Rauin im Unterricht zugemessen werden. Es müßte die 
erechnung von Frachtsätzen etwa eine ähnliche Rolle spielen 
\\ie cie Effektenrechnung, die Wahl eines Transportweges etwa 
?/ e ,t 6r ^ ltrage; die Kamer alistik der Eisenbahnen die der 
Bankbuchhaltung 1 ). 
Wenn nun auch die Ursache der besonderen Berücksichti 
gung des Bankgeschäftes, sein Reichtum an lehrreichem Stoff 
seine besondere Eignung zum theoretischen Unterricht, klar ist 
und gewürdigt wird, darf doch nicht übersehen werden, welche 
Gefahr in seiner überstarken Betonung (insbesondere in der 
Handelsakademie) liegt: 
Das Denken des Schülers wird vornehmlich auf die 
administrative Arbeit gelenkt und von der echt kauf- 
man ruschen .Unternehmertätigkeit abgelenkt. 
Der Schüler wird auf das Beamtentum mehr hingewiesen 
als auf das Unternehmertum. 
Welche Gefahr in der Verdrängung des Kaufmannes durch 
den Beamten gerade in Österreich, dem Lande der langsamen 
Entschließung, liegt, braucht nicht ausgeführt zu werden Und 
daß die Gedankenrichtung, die der Halberwachsene nimmt für 
sein ganzes Leben — und damit für das Land, für den Staat — 
entscheidend sein kann, wird keiner bezweifeln, der den Einfluß 
der Erziehung kennt. 
ln Deutschland (Preußen und Bayern) legt man in den so 
genannten „Milieuschulen” weniger Wert auf die streng fach 
liche kommerzielle Ausbildung, als auf eine gute allgemeine Bil- 
dung der man (neben einigem Fachunterricht) einen kräftigen 
Einschlag kommerzieller Ideen gibt; gewissermaßen ein allgemein 
menschliches Stück mit kaufmännischer Milieuschilderung. Man 
bezweckt damit, den Gedanken die erwünschte Richtung zu geben 
den Schüler auf jenes Gebiet hinzulenken, auf welchem er snäter 
wirken soll. F 
Sollte nun nicht auch die überwiegende Beschäftigung der 
Schüler mit den mehr bureaukratischen Einrichtungen des Bank 
geschältes ihrem Denken eine Richtung vorschreiben, die jedoch 
von. dem oben eingenommenen Standpunkt aus als eine un 
erwünschte bezeichnet werden muß? 
Ist nicht außerdem die Bevorzugung des Bank- und Börse 
wesens geeignet, bei dem Schüler Spekulationsgeist statt 
Unternehmungsgeist zu erwecken? 
U Ware das Verkehrswesen in dem Grade wie das Bankwesen Gegenstand 
tt Unterrichtes, so wäre gewiß der Bahndienst ebenso für 
Handelsschüler (Akademiker) zugänglich und von ihnen überschwemmt wie 
der Bankdienst. Man darf daher nicht einwenden, das Bankgeschäft werde im 
Jntcmeht bevorzugt, weil die Banken Hauptdienstgeber für die Absolventen sind. 
16*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.