Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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Eine Forderung, die also meiner Ansicht nach mit Berechti 
gung an das Handelsschulwesen gestellt werden kann, die aber 
freilich leichter zu erheben als zu befriedigen ist, wäre: 
Einschränkung des Stoffes über das Bankgeschäft 
und Ausbau des Stoffes über das Warengeschäft, insbesondere 
Hinlenkung der Ideen auf das kaufmännische Unter 
nehmertum. 
Selbst innerhalb des gegebenen Lehrstoffes ist es dem 
Lehrer möglich, in dem Schüler mehr den kaufmännischen als 
den bürokratischen Sinn zu wecken. Es erfordert dies von Seiten 
des Lehrers allerdings eine über dem Stoffe stehende Persönlich 
keit und das unablässige Bewußtsein dessen, was er will. 
Ich kehre nun wieder zum Ausgangspunkt dieses Exkurses, 
zu der Unterscheidung von allgemeinen und speziellen Kennt 
nissen zurück. 
Auf Definitionen glaube ich verzichten zu können; auch 
lassen sich die Grenzen nicht scharf ziehen; ja was in einer 
niedrigen Schule oder Klasse als Spezialkenntnis erscheint, bildet 
in einer höheren die Grundlage eines ganzes Komplexes spe 
ziellerer Kenntnisse, Es dürfte jedoch im Einzelfalle nicht schwer 
sein, bei der Wahl zwischen Unterrichtsstoffen eine solche Unter 
scheidung zu machen und zu beachten, daß grundsätzlich das 
allgemeine vor dem speziellen Wissen den Vorrang 
haben soll. 
Die Regel erscheint durchaus selbstverständlich, aber ihre 
Anwendung ist es nicht. Gerade die selbstverständlichen Regeln 
werden leicht übersehen. 
Sie darf übrigens nicht so verstanden werden, daß das All 
gemeine in der Zeit dem Besonderen voranzugehen habe, daß 
man also vom Allgemeinen ausgehend zum Besonderen fortschreiten 
solle. Im Gegenteil: Wo das Allgemeine abstrakt ist, z. B. eine 
Formel, eine zusammenfassende Regel oder gar (wie in der Buch 
haltung) ein alles umspannendes System, muß mit dem Beson 
deren, mit dem Detail, dem Element angefangen werden, aus 
dem sich durch Synthese das Ganze ergeben soll. Der Schüler 
muß beispielsweise im Buchhaltungsunterricht durch Anschauung 
(d. h. Erfahrung, Betätigung, Übung) mit den Elementen der Buch 
haltung, also mit den Büchern, Konti, der äußeren Form, dem 
sprachlichen Stil vertraut werden, ehe er in das System der 
Doppik eingeführt werden kann. Ich halte deshalb die Idee, mit 
der doppelten Buchhaltung zu beginnen und die einfache als 
einen Annex zu jener am Schlüsse rasch abzutun, für verfehlt. 
Auch in der Mathematik kann nicht mit allgemeinen Zahlen ge 
arbeitet werden, ehe der Schüler das Rechnen mit besonderen 
Zahlen in den Grundzügen beherrscht. Die Grundformel der 
Zinsenrechnung (K : Z = 100 :pt) darf nicht vorangehen, sondern 
soll erst der praktischen Übung folgen. 
Kurz, die Regel kann lauten:
	        
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