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Eine Forderung, die also meiner Ansicht nach mit Berechti
gung an das Handelsschulwesen gestellt werden kann, die aber
freilich leichter zu erheben als zu befriedigen ist, wäre:
Einschränkung des Stoffes über das Bankgeschäft
und Ausbau des Stoffes über das Warengeschäft, insbesondere
Hinlenkung der Ideen auf das kaufmännische Unter
nehmertum.
Selbst innerhalb des gegebenen Lehrstoffes ist es dem
Lehrer möglich, in dem Schüler mehr den kaufmännischen als
den bürokratischen Sinn zu wecken. Es erfordert dies von Seiten
des Lehrers allerdings eine über dem Stoffe stehende Persönlich
keit und das unablässige Bewußtsein dessen, was er will.
Ich kehre nun wieder zum Ausgangspunkt dieses Exkurses,
zu der Unterscheidung von allgemeinen und speziellen Kennt
nissen zurück.
Auf Definitionen glaube ich verzichten zu können; auch
lassen sich die Grenzen nicht scharf ziehen; ja was in einer
niedrigen Schule oder Klasse als Spezialkenntnis erscheint, bildet
in einer höheren die Grundlage eines ganzes Komplexes spe
ziellerer Kenntnisse, Es dürfte jedoch im Einzelfalle nicht schwer
sein, bei der Wahl zwischen Unterrichtsstoffen eine solche Unter
scheidung zu machen und zu beachten, daß grundsätzlich das
allgemeine vor dem speziellen Wissen den Vorrang
haben soll.
Die Regel erscheint durchaus selbstverständlich, aber ihre
Anwendung ist es nicht. Gerade die selbstverständlichen Regeln
werden leicht übersehen.
Sie darf übrigens nicht so verstanden werden, daß das All
gemeine in der Zeit dem Besonderen voranzugehen habe, daß
man also vom Allgemeinen ausgehend zum Besonderen fortschreiten
solle. Im Gegenteil: Wo das Allgemeine abstrakt ist, z. B. eine
Formel, eine zusammenfassende Regel oder gar (wie in der Buch
haltung) ein alles umspannendes System, muß mit dem Beson
deren, mit dem Detail, dem Element angefangen werden, aus
dem sich durch Synthese das Ganze ergeben soll. Der Schüler
muß beispielsweise im Buchhaltungsunterricht durch Anschauung
(d. h. Erfahrung, Betätigung, Übung) mit den Elementen der Buch
haltung, also mit den Büchern, Konti, der äußeren Form, dem
sprachlichen Stil vertraut werden, ehe er in das System der
Doppik eingeführt werden kann. Ich halte deshalb die Idee, mit
der doppelten Buchhaltung zu beginnen und die einfache als
einen Annex zu jener am Schlüsse rasch abzutun, für verfehlt.
Auch in der Mathematik kann nicht mit allgemeinen Zahlen ge
arbeitet werden, ehe der Schüler das Rechnen mit besonderen
Zahlen in den Grundzügen beherrscht. Die Grundformel der
Zinsenrechnung (K : Z = 100 :pt) darf nicht vorangehen, sondern
soll erst der praktischen Übung folgen.
Kurz, die Regel kann lauten: