Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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Auf dieses Ziel kann freilich nur mit Hilfe praktischer Übung 
hingesteuert werden, welche wieder positive Kenntnisse der No 
tierungsweise etc. voraussetzt. Wer sich aber vergegenwärtigt, daß 
nicht die Details ausländischer Notierungen, sondern das Be 
greifen des Ganzen das Ziel ist, wird den Unterricht nicht mit 
Gedächtnismaterial überlasten, sondern gestatten, daß der Schüler 
in Büchern, Tabellen u. dgl. nachschlage. Nur die Grundzüge der 
Notierungen soll der Schüler wissen, so z. B., daß Paris Effekten 
inklusive Zinsen, Devisen per 0 Tage notiert. Aber fragen wir 
uns objektiv, ob er die Höhe der Umsatzsteuer in den diversen 
Staaten (die wenigen Heller!) oder die Courtagesätze (noch dazu 
fiktive Sätze!) auswendig lernen soll. Ist es zum Verständnis not 
wendig, ja nur praktisch verwendbar? 
Der Vorwurf, der gegen den theoretischen Arbitrageunter 
richt oft erhoben wird, daß er die praktischen Verhältnisse 
nicht genügend berücksichtige, ist mithin als unberechtigt 
zurückzuweisen. Der Unterricht muß in das Wesen der Sache 
einführen, nicht in ihre praktische Form. 
Allzu leicht haftet der Geist des Schülers an Äußerlichem, 
weil er naturgemäß von der äußeren Erscheinung erst langsam 
zum inneren Wesen vor dringt. Es gibt tausend Kleinigkeiten im 
Unterricht, die imstande sind, ihn vom Wesentlichen auf das Un 
wesentliche abzulenken; selbst zu unterscheiden, ist er nicht 
fähig und so greift er denn nach allem, was sich greifen läßt. 
Das traurige Resultat ist ein verworrenes und überladenes Gehirn, 
das nicht imstande ist, seine natürlichen Denkfunktionen zu er 
füllen. 
Daher muß der Lehrer den Schüler geradezu von den De 
tails zurückhalten; er muß ihn vor dem Unwesentlichen warnen; 
er darf nicht pedantisch Äußerliches verlangen, sondern die Er 
kenntnis des Wesentlichen möglichst erleichtern. 
Abermals einige Beispiele: 
1. Für den geübten Rechner ergibt sich die Zahl der erfor 
derlichen Dezimalstellen scheinbar „von selbst”. Oft aber rechnet 
auch er mehr Dezimalen als er braucht, weil es ihm auf einige 
Ziffern mehr oder weniger nicht ankommt. Würde nun ein Lehrer 
in der guten Absicht, die Unsicherheit des Schülers zu beheben 
und ihm etwas Festes an die Hand zu geben, Einzelregeln auf 
stellen, wieviel Dezimalen in den verschiedenen Fällen zu rechnen 
sind, und wäre er mit solchen Regeln nicht äußerst, alleräußerst 
sparsam, so würde er nur scheue Rechner erzielen. 
2. In der internationalen Handelskunde besprechen wir die 
Organisation der Börsen an typischen Beispielen. Sollen aber die 
Schüler etwa die Zahl der Börseräte in Wien, Prag, Triest usw. 
lernen? 
3. Bei der Besprechung der Geldverhältnisse der fremden 
Staaten muß man den Schülern geradezu einschärfen, daß sie sich 
z. B. die Stückelung nicht zu merken haben.
	        
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