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Auf dieses Ziel kann freilich nur mit Hilfe praktischer Übung
hingesteuert werden, welche wieder positive Kenntnisse der No
tierungsweise etc. voraussetzt. Wer sich aber vergegenwärtigt, daß
nicht die Details ausländischer Notierungen, sondern das Be
greifen des Ganzen das Ziel ist, wird den Unterricht nicht mit
Gedächtnismaterial überlasten, sondern gestatten, daß der Schüler
in Büchern, Tabellen u. dgl. nachschlage. Nur die Grundzüge der
Notierungen soll der Schüler wissen, so z. B., daß Paris Effekten
inklusive Zinsen, Devisen per 0 Tage notiert. Aber fragen wir
uns objektiv, ob er die Höhe der Umsatzsteuer in den diversen
Staaten (die wenigen Heller!) oder die Courtagesätze (noch dazu
fiktive Sätze!) auswendig lernen soll. Ist es zum Verständnis not
wendig, ja nur praktisch verwendbar?
Der Vorwurf, der gegen den theoretischen Arbitrageunter
richt oft erhoben wird, daß er die praktischen Verhältnisse
nicht genügend berücksichtige, ist mithin als unberechtigt
zurückzuweisen. Der Unterricht muß in das Wesen der Sache
einführen, nicht in ihre praktische Form.
Allzu leicht haftet der Geist des Schülers an Äußerlichem,
weil er naturgemäß von der äußeren Erscheinung erst langsam
zum inneren Wesen vor dringt. Es gibt tausend Kleinigkeiten im
Unterricht, die imstande sind, ihn vom Wesentlichen auf das Un
wesentliche abzulenken; selbst zu unterscheiden, ist er nicht
fähig und so greift er denn nach allem, was sich greifen läßt.
Das traurige Resultat ist ein verworrenes und überladenes Gehirn,
das nicht imstande ist, seine natürlichen Denkfunktionen zu er
füllen.
Daher muß der Lehrer den Schüler geradezu von den De
tails zurückhalten; er muß ihn vor dem Unwesentlichen warnen;
er darf nicht pedantisch Äußerliches verlangen, sondern die Er
kenntnis des Wesentlichen möglichst erleichtern.
Abermals einige Beispiele:
1. Für den geübten Rechner ergibt sich die Zahl der erfor
derlichen Dezimalstellen scheinbar „von selbst”. Oft aber rechnet
auch er mehr Dezimalen als er braucht, weil es ihm auf einige
Ziffern mehr oder weniger nicht ankommt. Würde nun ein Lehrer
in der guten Absicht, die Unsicherheit des Schülers zu beheben
und ihm etwas Festes an die Hand zu geben, Einzelregeln auf
stellen, wieviel Dezimalen in den verschiedenen Fällen zu rechnen
sind, und wäre er mit solchen Regeln nicht äußerst, alleräußerst
sparsam, so würde er nur scheue Rechner erzielen.
2. In der internationalen Handelskunde besprechen wir die
Organisation der Börsen an typischen Beispielen. Sollen aber die
Schüler etwa die Zahl der Börseräte in Wien, Prag, Triest usw.
lernen?
3. Bei der Besprechung der Geldverhältnisse der fremden
Staaten muß man den Schülern geradezu einschärfen, daß sie sich
z. B. die Stückelung nicht zu merken haben.