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geschieht. Das Chlorkalkbad hat eine Konzentration von 1 bis
lVä Be. Es wird 30 Grad warm angewendet. Nach 20 Minuten säuert
man ab und behandelt dann in einer 30 Grad warmen Sprozentigen
Natriumthiosulfatlösung. Dann werden die gebleichten Strähne
gewaschen, auf Zentrifugen entwässert und getrocknet. Heute färbt
man die Seide, nicht mehr wie ehedem in der Masse, sondern in
der Wärme in Farbflotten mittels basischer Anilinfarben. Während
die natürliche Seide eine Festigkeit von 300 Gramm hat, zeigt der
rohe Nitrofaden eine solche von 150 Gramm. Nach der Denitrierung
sinkt dieselbe auf 110 Gramm und beträgt im befeuchteten Zu
stande nur mehr 25 Gramm. Wegen ihres hohen Glanzes wird die
Chardonnet-, sowie die anderen Kunstseiden, besonders in der
Posamentenindustrie viel verwendet. Aber auch Krawatten-, Möbel-
und Vorhangstoffe werden daraus gefertigt, ebenso Glühstrümpfe
für die Auerbrenner. Das künstliche Roßhaar findet, verschieden
gefärbt, zur Herstellung von Hutlitzen für Damenhüte Ver
wendung.
In den Kunstseidenfabriken sind Brände sehr häufig. So
z. B. wurde die ungarische Kunstseidenfabrik in Sarvar schon
zweimal im Verlaufe von 2 Jahren von Bränden heimgosucht. In
dieser Hinsicht sind die nach dem Pauly verfahren arbeitenden
Fabriken wegen der Gefahrlosigkeit des Betriebes im Vorteil. Eine
ganze Reihe von Patenten beschäftigt sich mit der Wiedergewinnung
des Ätheralkohols. Da es sich hier nicht darum handelt, eine
genaue Beschreibung der Kunstseide zu geben, sondern nur die
selben soweit zu behandeln, als sie zur Zellulose oder dem Zellu
loid in einem Zusammenhang stehen, so kann von der Wiedergabe
dieser Patente hier abgesehen werden.
Schießbaumwolle.
Gut gereinigte und entfettete Baumwolle wird mit Nitrier
säure (1 Teil Salpetersäure und 2 bis 3 Teile Schwefelsäure und
5 bis 20 Prozent Wasser) behandelt (7 ? bis 1 Stunde lang). Dabei
treten gewöhnlich 6 Nitrogruppen ein, so daß die Schießbaumwolle
durch die Formel C 12 H 10 (OH) 4 (O N0 2 ) 6 [— 14-14 Prozent Stick
stoff] dargestellt werden kann. Im kleinen benützt man zum Ni
trieren Steinzeuggefäße, im großen Nitrierzentrifugen. Nach dem
Nitrieren wird mit Wasser ausgewaschen, in einem eigenen Hol
länder fein zerschnitten, dann nochmals gewaschen, mit Wasser
ausgekocht und in Druckkesseln einige Stunden auf 105 Grad
erhitzt, um die Fremdkörper dadurch zu zerstören und die Halt
barkeit derselben zu fördern. Man verdrängt dann das Wasser
durch Alkohol. Wegen der Gefährlichkeit des Trocknens unter
läßt man dasselbe, denn die Schießbaumwolle ist im trockenen
Zustande elektrisch und gibt bei der Reibung Funken.
Die Schießbaumwolle hat auch noch den Habitus der Baum
wolle. Sie verbrennt rascher als die Kollodiumwolle, ohne brisant