Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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geschieht. Das Chlorkalkbad hat eine Konzentration von 1 bis 
lVä Be. Es wird 30 Grad warm angewendet. Nach 20 Minuten säuert 
man ab und behandelt dann in einer 30 Grad warmen Sprozentigen 
Natriumthiosulfatlösung. Dann werden die gebleichten Strähne 
gewaschen, auf Zentrifugen entwässert und getrocknet. Heute färbt 
man die Seide, nicht mehr wie ehedem in der Masse, sondern in 
der Wärme in Farbflotten mittels basischer Anilinfarben. Während 
die natürliche Seide eine Festigkeit von 300 Gramm hat, zeigt der 
rohe Nitrofaden eine solche von 150 Gramm. Nach der Denitrierung 
sinkt dieselbe auf 110 Gramm und beträgt im befeuchteten Zu 
stande nur mehr 25 Gramm. Wegen ihres hohen Glanzes wird die 
Chardonnet-, sowie die anderen Kunstseiden, besonders in der 
Posamentenindustrie viel verwendet. Aber auch Krawatten-, Möbel- 
und Vorhangstoffe werden daraus gefertigt, ebenso Glühstrümpfe 
für die Auerbrenner. Das künstliche Roßhaar findet, verschieden 
gefärbt, zur Herstellung von Hutlitzen für Damenhüte Ver 
wendung. 
In den Kunstseidenfabriken sind Brände sehr häufig. So 
z. B. wurde die ungarische Kunstseidenfabrik in Sarvar schon 
zweimal im Verlaufe von 2 Jahren von Bränden heimgosucht. In 
dieser Hinsicht sind die nach dem Pauly verfahren arbeitenden 
Fabriken wegen der Gefahrlosigkeit des Betriebes im Vorteil. Eine 
ganze Reihe von Patenten beschäftigt sich mit der Wiedergewinnung 
des Ätheralkohols. Da es sich hier nicht darum handelt, eine 
genaue Beschreibung der Kunstseide zu geben, sondern nur die 
selben soweit zu behandeln, als sie zur Zellulose oder dem Zellu 
loid in einem Zusammenhang stehen, so kann von der Wiedergabe 
dieser Patente hier abgesehen werden. 
Schießbaumwolle. 
Gut gereinigte und entfettete Baumwolle wird mit Nitrier 
säure (1 Teil Salpetersäure und 2 bis 3 Teile Schwefelsäure und 
5 bis 20 Prozent Wasser) behandelt (7 ? bis 1 Stunde lang). Dabei 
treten gewöhnlich 6 Nitrogruppen ein, so daß die Schießbaumwolle 
durch die Formel C 12 H 10 (OH) 4 (O N0 2 ) 6 [— 14-14 Prozent Stick 
stoff] dargestellt werden kann. Im kleinen benützt man zum Ni 
trieren Steinzeuggefäße, im großen Nitrierzentrifugen. Nach dem 
Nitrieren wird mit Wasser ausgewaschen, in einem eigenen Hol 
länder fein zerschnitten, dann nochmals gewaschen, mit Wasser 
ausgekocht und in Druckkesseln einige Stunden auf 105 Grad 
erhitzt, um die Fremdkörper dadurch zu zerstören und die Halt 
barkeit derselben zu fördern. Man verdrängt dann das Wasser 
durch Alkohol. Wegen der Gefährlichkeit des Trocknens unter 
läßt man dasselbe, denn die Schießbaumwolle ist im trockenen 
Zustande elektrisch und gibt bei der Reibung Funken. 
Die Schießbaumwolle hat auch noch den Habitus der Baum 
wolle. Sie verbrennt rascher als die Kollodiumwolle, ohne brisant
	        
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