Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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dadurch erschwert, daß Zellulose und Nitrozellulose sich äußerlich 
völlig gleichen, nicht aber in ihren Eigenschaften. Die Zellulose 
z. B. gelatiniert mit Kampfer nicht. Es entstehen dadurch in der 
Ware weiße Flecken, die nicht zu verdecken sind. Es muß also 
das Produkt vor der Trocknung einer sorgfältigen Sortierung 
unterworfen werden, wobei alle fleckigen oder sonstigen fehler 
haften Stücke ausgeschieden werden müssen. 
Aus diesem Rohzelluloid werden die Gegenstände geformt. 
Dies kann geschehen, indem man die Masse durch starken Druck 
bei einer Temperatur von 100 Grad Celsius in Formen preßt, 
wobei dieselbe nach dem Erkalten die Form beibehält. Oder es 
läßt sich das Produkt im warmen Zustande beliebig biegen. Oder 
es lassen sich aus der in der Wärme erweichten Masse mittels 
Dampf die verschiedensten Waren blasen, oder endlich das Roh 
zelluloid wird im kalten Zustande weiter verarbeitet. 
Das Zelluloid ist elastisch. Den höchsten Grad der Elastizität 
hat es bei 90 Grad Celsius. Bei 140 Grad beginnt es sich zu zer 
setzen und nahe an 200 Grad (195 Grad Celsius) ist die Zersetzung 
vollständig. Das Zelluloid läßt sich in der Wärme schweißen, d. h. 
erwärmte Zelluloidmassen lassen sich ohne Hinzufügen eines Binde 
mittels verbinden, ohne daß die Berührungsstellen hernach sichtbar 
wären. Es lassen sich durch Zelluloid eine Menge Naturprodukte 
auf das täuschendste nachahmen, wie Bernstein, Schildpatt, Elfen 
bein, Malachit etc. etc. Auf Grund dieser Eigenschaft hat das 
Zelluloid vielfache Anwendung erfahren. Die Zusammensetzung 
des Zelluloids ist sehr verschieden. Das deutsche Zelluloid 
besteht aus: 
65 Teilen Kollodiumwolle, 
33 „ Kampfer und 
2 „ Farbstoff. 
Durch Zusammenkneten von verschiedenfarbigem Zelluloid 
oder durch streifenweise Schichtung verschieden gefärbter 
Massen, durch nicht völlige Mischung oder durch oberflächliche 
Bemalung lassen sich die verschiedensten Imitationen herstellen. 
Das Zelluloid ist, wie eingangs bemerkt wurde, leicht entzündlich. 
Daher erfordert die Verarbeitung des Zelluloids große Achtsamkeit 
und vielfache Sicherheitsvorkehrungen. Trotz alledem sind Zelluloid 
brände ziemlich häufig und wirken leider oft sehr verheerend. 
Das kommt daher, weil das Zelluloid auch ohne Hinzutritt von 
Luft, durch innere Verbrennung, zu brennen vermag. Das läßt sich 
zeigen, wenn man eine Zelluloidstange entzündet und nachdem 
man sie eine Zeitlang brennen ließ, dann verlöscht. Man wird 
wahrnehmen können, daß die Zersetzung trotzdem fortschreitet 
und daß sich Dämpfe bilden, die unangenehm riechen und die 
leicht entzündlich sind. Diese Zersetzung ist so lebhaft, daß sie 
selbst auch dann noch von statten geht, wenn man die Zelluloid 
stange in eine Atmosphäre nicht brennbarer Gase, von z. B. Kohlen 
dioxyd oder Wasserdampf gebracht hat. Diese flammenlose Zer-
	        
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