Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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Setzung dieses Körpers hat gewiß schon manche Gasexplosion 
verursacht (Wien-Ottakring 1909), da die Dämpfe, wie es scheint, 
mit Luft gemischt, leicht explodieren. Auch unter anderen Um 
ständen läßt sich Zelluloid leicht entzünden. Professor Sahulka 
(technische Hochschule, Wien) hat durch den Versuch ermittelt, 
daß die strahlende Wärme einer Glühlampe, selbst wenn sie mit 
Schutzglocke versehen ist, dazu genügt. Ja sogar von der Gewerbe 
behörde vorgeschriebene Sicherheitsvorkehrungen, wie z. B. Staub- 
saugapparate können zur raschen Ausbreitung eines Brandes bei 
tragen. 
Statt des Kampfers suchte man Ersatzstoffe anzuwenden und 
glaubte dadurch weniger gefährliches Zelluloid zu gewinnen. Solche 
Ersatzmittel sind Borneol, Naphthalin, Fon.nani.ii i usw. 
Weiters trachtete man die Feuergefährlichkeit des Zelluloids 
herabzumindern, indem man gewisse Substanzen, die schwer oder 
gar nicht brennen, der Zelluloidmasse zusetzt, wie Zelluloseazetat, 
Gelatine, Rüböl, Gummi arabikum oder gewisse Salze und andere 
Stoffe, und zwar Ammoniumrhodanat, Kalziumchlorid, Gips, Alaun 
oder Borsäure, Tonerdehydrat, pulverisierter Glimmer oder Asbest. 
Das Zelluloid läßt sich schleifen und polieren. Es lassen sich 
aber auch Gegenstände glänzend machen, wenn man sie in gewisse 
Flüssigkeiten taucht. Als solche verwendet man z. B. Essigsäure 
anhydrid und Eisessig, der flüssige Kohlenstoffverbindungen 
(Äther, Chloroform, Toluol) beigemischt werden. Platten werden 
mittels Polierpressen glänzend gemacht. Dieselben sind durch Dampf 
heizbar, und indem man das Zelluloid mittels eines Druckes von 
500 Atmosphären gegen fein polierte Nickelbleche preßt, werden 
die Platten glänzend. Das Zelluloid wurde, obwohl es seit dem 
Jahre 1869 erfunden war, erst spät in der Technik eingeführt 
(1873), da es seiner Gefährlichkeit wegen vielfach angefeindet 
wurde. Erst viele Versuche mußten erweisen, daß man, die nötige 
Vorsicht vorausgesetzt, auch bei Arbeiten mit Zelluloid den Betrieb 
sichern könne und vielfache Verbesserungen wurden auf experi 
mentellem Wege gefunden. So gelang es im Jahre 1894, vollkommen 
farbloses, durchsichtiges Zelluloid herzustellen. Seiner vielfachen 
Anwendung wegen hat sich das Zelluloid immer mehr eingebürgert 
und noch heute wird es in den verschiedensten Industrien ange 
wendet. Nunmehr kann man Zelluloidfolien von V20 Millimeter 
Dicke hersteilen, aus denen man künstliche Blumen erzeugt und 
die im Buchbindergewerbe und in der Ansichtskartenindustrie 
Verwendung finden. 
Man fertigt Stäbe jeder Art daraus, die man dann in Gablonz 
zu Perlen der verschiedensten, oft abenteuerlichsten Form, um 
gestaltet. So bildet die Zelluloidfabrikation einen blühenden In 
dustriezweig. Das läßt sich dadurch erhärten, daß eine amerikani 
sche Fabrik auf bloße Versuche die respektable Summe von 
V5 Millionen Mark verausgabt hat und in Kürze in der Lage war, 
80 Prozent Dividenden zu zahlen. Die Verbesserungen, die in der
	        
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