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Setzung dieses Körpers hat gewiß schon manche Gasexplosion
verursacht (Wien-Ottakring 1909), da die Dämpfe, wie es scheint,
mit Luft gemischt, leicht explodieren. Auch unter anderen Um
ständen läßt sich Zelluloid leicht entzünden. Professor Sahulka
(technische Hochschule, Wien) hat durch den Versuch ermittelt,
daß die strahlende Wärme einer Glühlampe, selbst wenn sie mit
Schutzglocke versehen ist, dazu genügt. Ja sogar von der Gewerbe
behörde vorgeschriebene Sicherheitsvorkehrungen, wie z. B. Staub-
saugapparate können zur raschen Ausbreitung eines Brandes bei
tragen.
Statt des Kampfers suchte man Ersatzstoffe anzuwenden und
glaubte dadurch weniger gefährliches Zelluloid zu gewinnen. Solche
Ersatzmittel sind Borneol, Naphthalin, Fon.nani.ii i usw.
Weiters trachtete man die Feuergefährlichkeit des Zelluloids
herabzumindern, indem man gewisse Substanzen, die schwer oder
gar nicht brennen, der Zelluloidmasse zusetzt, wie Zelluloseazetat,
Gelatine, Rüböl, Gummi arabikum oder gewisse Salze und andere
Stoffe, und zwar Ammoniumrhodanat, Kalziumchlorid, Gips, Alaun
oder Borsäure, Tonerdehydrat, pulverisierter Glimmer oder Asbest.
Das Zelluloid läßt sich schleifen und polieren. Es lassen sich
aber auch Gegenstände glänzend machen, wenn man sie in gewisse
Flüssigkeiten taucht. Als solche verwendet man z. B. Essigsäure
anhydrid und Eisessig, der flüssige Kohlenstoffverbindungen
(Äther, Chloroform, Toluol) beigemischt werden. Platten werden
mittels Polierpressen glänzend gemacht. Dieselben sind durch Dampf
heizbar, und indem man das Zelluloid mittels eines Druckes von
500 Atmosphären gegen fein polierte Nickelbleche preßt, werden
die Platten glänzend. Das Zelluloid wurde, obwohl es seit dem
Jahre 1869 erfunden war, erst spät in der Technik eingeführt
(1873), da es seiner Gefährlichkeit wegen vielfach angefeindet
wurde. Erst viele Versuche mußten erweisen, daß man, die nötige
Vorsicht vorausgesetzt, auch bei Arbeiten mit Zelluloid den Betrieb
sichern könne und vielfache Verbesserungen wurden auf experi
mentellem Wege gefunden. So gelang es im Jahre 1894, vollkommen
farbloses, durchsichtiges Zelluloid herzustellen. Seiner vielfachen
Anwendung wegen hat sich das Zelluloid immer mehr eingebürgert
und noch heute wird es in den verschiedensten Industrien ange
wendet. Nunmehr kann man Zelluloidfolien von V20 Millimeter
Dicke hersteilen, aus denen man künstliche Blumen erzeugt und
die im Buchbindergewerbe und in der Ansichtskartenindustrie
Verwendung finden.
Man fertigt Stäbe jeder Art daraus, die man dann in Gablonz
zu Perlen der verschiedensten, oft abenteuerlichsten Form, um
gestaltet. So bildet die Zelluloidfabrikation einen blühenden In
dustriezweig. Das läßt sich dadurch erhärten, daß eine amerikani
sche Fabrik auf bloße Versuche die respektable Summe von
V5 Millionen Mark verausgabt hat und in Kürze in der Lage war,
80 Prozent Dividenden zu zahlen. Die Verbesserungen, die in der