Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

sagt —- mit den Ruten gezüchtigt, die sie sich selbst gebunden 
haben. Es wäre schließlich nicht so viel dagegen zu sagen, wenn 
der Begriff Brandschaden eine Erweiterung erführe, woferne es 
sich um den Ersatz wirklicher Schäden handelt; mit den Bagatell 
schäden aber wird von einem Teile des Publikums Mißbrauch 
getrieben und man hat direkt das Gefühl, daß solche Schäden 
benützt werden, um die Prämie zurückzuverdienen, oder um für 
einen alten Gebrauchsgegenstand einen neuen einzutauschen. 
In dem Kampfe gegen die Bagatellschäden hat sich das 
deutsche Aufsichtsamt ohne Zögern auf die Seite der Feuerver 
sicherer gestellt, indem es ausführte, der Grundgedanke der Feuer 
versicherung sei Schutz gegen außergewöhnliche durch Feuer ver 
ursachte Vermögensverluste. Dieser Grundgedanke sei'vom Gesetz 
durch Gebrauch der Worte „Brand” und „Brandereignis’ rezipiert, 
denn nach dem allgemeinen Sprachgebrauche werde mit dem 
Worte „Brand” ein außergewöhnliches Ereignis bezeichnet, bei 
dem die zerstörende Gewalt des leuers die Gefahr unabsehbarer, 
vom einzelnen nicht beherrschbarer Folgen, d. h. die Gefahr un- 
beherrsehbaren Weitergreifens in sich berge. 
Man hat dieser Definition indes mit Recht entgegengehalten, 
daß sie zu enge sei, und daß nach ihr kein Brand vorliege, wenn 
z. B. auf freiem Felde ein isolierter Strohschober abbrenne. 
Ein Berliner Gericht hat im Gegensätze hiezu bei einer Klage 
auf Vergütung eines Bagatellschadens nicht ganz mit Unrecht den 
Standpunkt vertreten, nicht auf den Grundgedanken komme es an, 
von dem die Feuerversicherung seinerzeit ausgegangen, maßgebend 
sei vielmehr, ob diese ursprüngliche Idee stehen geblieben oder 
sich fortentwickelt habe; letzteres sei zu bejahen. Man sieht daraus, 
daß mit der Einführung des Wortes „Brandereignis” den Feuer- 
versicherern heute wenig mehr geholfen ist. 
Man hat vorgeschlagen, dem Mißbrauche, der mit den Bagatell 
schäden betrieben wird, dadurch entgegenzutreten, daß man eine 
Franchise einführt, d.. h. bestimmt, Schäden unter einem bestimmten 
Betrage werden nicht ersetzt. Die Franchise wäre jedoch unbillig 
und antisozial, denn erstlich gibt es kleine Schäden, welche im 
wahren Wortsinne Brandschäden sind, weshalb auch die Bezeich 
nung Bagatellschäden für diejenige Art von Schäden, welche der 
Versicherer von seiner Haftung ausschließen will, nicht ganz 
glücklich gewählt erscheint, und zweitens kann bei der verschie 
denen Vermögenslage der einzelnen Versicherten für den einen 
ein bedeutender Schaden sein, was für den anderen ein Bagatell- 
schaden ist 
Wir w r ollen daher versuchen, durch nähere Betrachtung der 
typischen Bagatellschäden selbst zu weiterer Klarheit über die 
Stellung der Feuer Versicherer in dieser Frage zu gelangen. 
Abgesehen von den bereits früher erwähnten Betriebsschaden 
treten die Bagatellschäden am häufigsten als Sengschäden auf, 
z. B. Sengen eines Kleidungsstückes mit einer brennenden Zigarre,
	        
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