Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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daß die Feuerversicherer auch ohne Erdbebenklausel in d« Po 
lizze auf gar keinen Fall für die genannten Erdbebenschaden zu 
haften haben. Professor Bruscliettmi m Neapel stutzt diese seine 
Ansicht darauf, daß bei den Versicherungsverträgen die Portdauei 
unveränderter Gefahrsumstände, d. 1. die Klausel rebus sic stan 
tibus als Voraussetzung gelte, weil andernfalls das J ic htige ' 
hältnis zwischen Prämie und Risiko aufgehoben wurde. Eine Ver 
schiebung der technischen Grundlagen der Versicherung stelle 
die Existenz des Versicherers in Frage; wenn aber der Versichei; 
der Gefahr einer eventuellen Insolvenz des Versicherers gegen 
überstehe, dann erreiche er nicht den Zweck der ^erstelung, 
den er bei der Versicherungsnahme im Auge hatte. Lin Lrdbe e 
sei ein Ereignis, welches außer jeder menschlichen Voraussicht 
stehe und sich jeder statistischen Beobachtung entziehe. Dasili- 
siko, welches versichert wurde, sei im 1 alle eines Erdbebens 
einfach nicht mehr dasselbe. Die Entzündung des aus den ge- 
borstenen Leitungsröhren entströmenden Gases die durch die 
Zerstörung der elektrischen Leitungen entstehenden Kurzschlüsse, 
die Entfesselung der zu Beheizungs- und Beleuchtungszwecken 
dienenden Flammen, das Fehlen jeder öffentlichen Ansicht, 
Deliktshandlungen verhindern konnte, der infolge Berstens 
Wasserleitungen eingetretene Mangel an Wasser zu Loschzwecken, 
das Fehlen einer öffentlichen Beleuchtung, das 1 ehlen der 1 euei- 
wehrleute, die Ungangbarkeit der Wege, kurz das plötzliche Aus 
löschen aller Voraussetzungen eines geordneten bürgerlichen 
Lebens kennzeichnen das Erdbeben. Die Kontrahenten versicherten 
seinerzeit Gegenstände, welche in einer Stadt existierten, nicht aber 
Gegenstände, die in den Ruinen einer Stadt gelegen waren. Nach 
dem also die Identität des versicherten Risikos zu bestehen aul 
gehört habe, müsse man auch auf die Auflösung des Vertrages 
So plausibel diese Ausführungen auch klingen, so wir d bei der 
herrschenden Tendenz der Rechtsprechung, die Haftung desVer 
sicherers so weit als möglich anszulegen, der beste Schutz rui 
den Versicherer immer in einer guten Erdbebenklausel und m 
einer analogen gesetzlichen Bestimmung bestehen, wie sie auch der 
österreichische Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag 
Einen eklatanten Beweis für die Notwendigkeit eines solchen 
Schutzes für den Versicherer bietet die Erdbebenkatastrophe vom 
Jahre 1906 in San Franzisko, bei welcher das Erdbeben von einer 
kolossalen Feuersbrunst begleitet war, welche auch die vom Erd 
beben verschonten Stadtteile zum großen Teile zerstörte Außer 
dem wurden ganze Häuserzeilen von den Behörden mittels Dy 
namitsprengungen niedergelegt, um dem teuer Einhalt zu tun. 
Die meisten der damals in San Franzisko arbeitenden Gesell 
schaften benützten die sogenannte New-York-Standard-I olicy, 
welche keine eigentliche Erdbebenklausel enthielt. Nach dieser
	        
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