62
daß die Feuerversicherer auch ohne Erdbebenklausel in d« Po
lizze auf gar keinen Fall für die genannten Erdbebenschaden zu
haften haben. Professor Bruscliettmi m Neapel stutzt diese seine
Ansicht darauf, daß bei den Versicherungsverträgen die Portdauei
unveränderter Gefahrsumstände, d. 1. die Klausel rebus sic stan
tibus als Voraussetzung gelte, weil andernfalls das J ic htige '
hältnis zwischen Prämie und Risiko aufgehoben wurde. Eine Ver
schiebung der technischen Grundlagen der Versicherung stelle
die Existenz des Versicherers in Frage; wenn aber der Versichei;
der Gefahr einer eventuellen Insolvenz des Versicherers gegen
überstehe, dann erreiche er nicht den Zweck der ^erstelung,
den er bei der Versicherungsnahme im Auge hatte. Lin Lrdbe e
sei ein Ereignis, welches außer jeder menschlichen Voraussicht
stehe und sich jeder statistischen Beobachtung entziehe. Dasili-
siko, welches versichert wurde, sei im 1 alle eines Erdbebens
einfach nicht mehr dasselbe. Die Entzündung des aus den ge-
borstenen Leitungsröhren entströmenden Gases die durch die
Zerstörung der elektrischen Leitungen entstehenden Kurzschlüsse,
die Entfesselung der zu Beheizungs- und Beleuchtungszwecken
dienenden Flammen, das Fehlen jeder öffentlichen Ansicht,
Deliktshandlungen verhindern konnte, der infolge Berstens
Wasserleitungen eingetretene Mangel an Wasser zu Loschzwecken,
das Fehlen einer öffentlichen Beleuchtung, das 1 ehlen der 1 euei-
wehrleute, die Ungangbarkeit der Wege, kurz das plötzliche Aus
löschen aller Voraussetzungen eines geordneten bürgerlichen
Lebens kennzeichnen das Erdbeben. Die Kontrahenten versicherten
seinerzeit Gegenstände, welche in einer Stadt existierten, nicht aber
Gegenstände, die in den Ruinen einer Stadt gelegen waren. Nach
dem also die Identität des versicherten Risikos zu bestehen aul
gehört habe, müsse man auch auf die Auflösung des Vertrages
So plausibel diese Ausführungen auch klingen, so wir d bei der
herrschenden Tendenz der Rechtsprechung, die Haftung desVer
sicherers so weit als möglich anszulegen, der beste Schutz rui
den Versicherer immer in einer guten Erdbebenklausel und m
einer analogen gesetzlichen Bestimmung bestehen, wie sie auch der
österreichische Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag
Einen eklatanten Beweis für die Notwendigkeit eines solchen
Schutzes für den Versicherer bietet die Erdbebenkatastrophe vom
Jahre 1906 in San Franzisko, bei welcher das Erdbeben von einer
kolossalen Feuersbrunst begleitet war, welche auch die vom Erd
beben verschonten Stadtteile zum großen Teile zerstörte Außer
dem wurden ganze Häuserzeilen von den Behörden mittels Dy
namitsprengungen niedergelegt, um dem teuer Einhalt zu tun.
Die meisten der damals in San Franzisko arbeitenden Gesell
schaften benützten die sogenannte New-York-Standard-I olicy,
welche keine eigentliche Erdbebenklausel enthielt. Nach dieser