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nicht sofort verarbeitet werden können, dem natürlichen Verderb
verfallen.
Da derartige Schäden für verschiedene Industrien außer
ordentlich empfindlich werden können, so haben die Feuerver
sicherer den betreffenden Industriellen die Möglichkeit gegeben,
diese Gefahr durch eine besondere Zusatzversicherung zur Feuer
versicherung zu decken. Es werden in dieser Hinsicht gegenwärtig
die folgenden Versicherungen geleistet:
Der Brauindustrie Ersatz für die Entwertung, welche das ver
sicherte Grünmalz in allen Stadien der Manipulation vom Ein
quellen an gefangen bis zur Vollendung des Darrprozesses dadurch
erleidet, daß die Darren infolge des Brandes betriebsunfähig werden,
und daß das Grünmalz vor Wiederherstellung der Darren durch
Auskeimen leidet oder wertlos wird.
Ferner Ersatz des Schadens, welchen das in den Gär- und
Lagerkollern einer Brauerei befindliche Bier infolge einer durch
Brand verursachten Betriebsunfähigkeit der Kühlanlage erleidet.
In ähnlicher Weise kann sich die Spiritus- und Stärkeindustrie
gegen den Schaden durch Entwertung der Kartoffelvorräte, die
Zucker- und Spiritusindustrie gegen den Schaden durch Ent
wertung der Rüben Vorräte versichern.
Es ist noch gar nicht lange her, daß eine derartige Ver
sicherung des mittelbaren Sachschadens in Preußen, Bayern und
verschiedenen anderen deutschen Bundesstaaten gesetzlich ver
boten war, und es hat die Versicherer viele Mühe gekostet, die
Aufsichtsbehörden von der Zulässigkeit derartiger Versicherungen
zu überzeugen. Die obgenannten Versicherungsarten datieren denn
auch erst seit dem Jahre 1892 und den folgenden Jahren. Der
Standpunkt der deutschen Aufsichtsbehörden läßt sich verstehen,
wenn man die damals noch geltenden gesetzlichen Bestimmungen
über das Feuerversicherungswesen liest, welche in jedem, der sein
Eigentum gegen Brandschaden versichert, bereits einen spekulativen
Brandleger witterten und deshalb die Haftung des Feuerversicherers
in den engsten Grenzen hielten.
Dagegen wird man über den Wandel der Zeiten staunen,
wenn man sieht, daß unsere richterlichen Behörden heute den
Standpunkt einnehmen, der Haftung des Versicherers stets die
weitmöglichste Auslegung zu geben, und daß sie anderseits selbst
sehr spekulativ veranlagte Versicherte gegen die Versicherer in
Schutz nehmen zu müssen glauben.
Unter Sachschäden haben wir Schäden an der versicherten
Sache, an ihrer Substanz, an ihrer Materie verstanden. Es gibt
aber noch andere Folgeschäden des Brandes, welche darin bestehen,
daß dem Versicherten infolge des Brandes Kosten erwachsen, oder
daß ihm eine Haftungsverbindlichkeit erwächst.
Die Versicherungsbedingungen und das Gesetz, welche, wie
bereits erwähnt, die Haftung des Feuerversicherers auf Sachschäden
beschränken, haben in dieser Hinsicht eine Ausnahme zugelassen,