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bäuden kann der Versicherte allerdings nach Wahl entweder den
Bauwert oder nur einzelne Teile als das Dach, alle Teile des Unter
baues ohne Mauern, die Mauern allein, niemals aber bloß die
Dachbeschädigung, oder bloß die Mauerbeschädigung versichern.
Aus einer Verallgemeinerung dieser Gesichtspunkte ergibt sich
das Geschäftsprinzip, daß kein Feuerversicherer einem Antrag
steller nur die minder günstigen Risiken, z. B. die Fechsungs
vorräte in Deckung nimmt, indes etwa die günstigeren Risiken,
z. B. die Gebäude unversichert bleiben. Unter dem Prinzipe der
Vollwertversicherung versteht man jedoch etwas anderes, nämlich
das Verlangen, daß der Versicherungsnehmer, ob es sich nun um
eine einzelne Sache, oder den Teil einer Sache, oder eine Sach
gesamtheit handle, immer den vollen Wert dieser Sache, dieses
Sachteiles, beziehungsweise dieser Sachgesamtheit zur Versicherung
bringe. Dieser volle Wert heißt der Versicherungswert. Liegt eine
Unterversicherung vor und stellt sich z. B. im Schadenfalle heraus,
daß der Versicherte nur 60 Prozent des Versicherungswertes ver
sichert habe, so erhält er auch nur 60 Prozent des Schadens ersetzt,
für die restlichen 40 Prozent ist er gewissermaßen sein eigener
Versicherer (Selbstversicherer). Die Entschädigung wird also im
Falle der Unterversicherung in dem Verhältnisse der Versiche
rungssumme zum Versicherungswerte herabgesetzt. Auch der
österreichische Gesetzentwurf nimmt in diesen Fragen denselben
Standpunkt ein.
Bei besonders feuergefährlichen Risiken, z. B. bei Sägen
kommt es vor, daß der Versicherer selbst dem Versicherten eine
Selbstversicherung in der Weise auferlegt, daß ein bestimmter
Prozentsatz unversichert bleiben, d. h. auf Risiko des Versicherten
laufen muß; dies geschieht zu dem Zwecke, um den Versicherten
zu besonderer Vorsicht anzuhalten und ihn an der Einführung
von Verbesserungen des Risikos zu interessieren.
Man kennt auch eine Versicherungsart, bei welcher ohne
Rücksicht darauf, ob der volle Wert versichert wurde, stets der
volle Schaden bis zur Höhe der Versicherungssumme vergütet
wird. Diese Versicherungsform wird als Versicherung auf das erste
Risiko oder mit einem französischem Ausdrucke als Premier-
risque-Versicherung bezeichnet und wird am Kontinent nur in
besonderen Ausnahmsfällen angewendet. Es ist klar, daß diese
Versicherungsart ein großes Risiko sowohl für den Versicherten
als auch für den Versicherer einschließt, für den Versicherten
deshalb, weil der Schaden leicht die Versicherungssumme über
steigen kann, der Versicherte erhält dann nicht den vollen
Schadenersatz, und der wirtschaftliche Zweck der Versicherung
ist vereitelt, für den Versicherer deshalb, weil die Schätzung der
dem erhöhten Risiko entsprechenden Prämie ohne langjährige
statistische Beobachtungen eine fast unmögliche Sache ist. Nehmen
wir z. B. an, daß in einem Lande durchschnittlich 80 Prozent
aller vorfallenden Schäden 10 Prozent des Vollwertes der davon