Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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bäuden kann der Versicherte allerdings nach Wahl entweder den 
Bauwert oder nur einzelne Teile als das Dach, alle Teile des Unter 
baues ohne Mauern, die Mauern allein, niemals aber bloß die 
Dachbeschädigung, oder bloß die Mauerbeschädigung versichern. 
Aus einer Verallgemeinerung dieser Gesichtspunkte ergibt sich 
das Geschäftsprinzip, daß kein Feuerversicherer einem Antrag 
steller nur die minder günstigen Risiken, z. B. die Fechsungs 
vorräte in Deckung nimmt, indes etwa die günstigeren Risiken, 
z. B. die Gebäude unversichert bleiben. Unter dem Prinzipe der 
Vollwertversicherung versteht man jedoch etwas anderes, nämlich 
das Verlangen, daß der Versicherungsnehmer, ob es sich nun um 
eine einzelne Sache, oder den Teil einer Sache, oder eine Sach 
gesamtheit handle, immer den vollen Wert dieser Sache, dieses 
Sachteiles, beziehungsweise dieser Sachgesamtheit zur Versicherung 
bringe. Dieser volle Wert heißt der Versicherungswert. Liegt eine 
Unterversicherung vor und stellt sich z. B. im Schadenfalle heraus, 
daß der Versicherte nur 60 Prozent des Versicherungswertes ver 
sichert habe, so erhält er auch nur 60 Prozent des Schadens ersetzt, 
für die restlichen 40 Prozent ist er gewissermaßen sein eigener 
Versicherer (Selbstversicherer). Die Entschädigung wird also im 
Falle der Unterversicherung in dem Verhältnisse der Versiche 
rungssumme zum Versicherungswerte herabgesetzt. Auch der 
österreichische Gesetzentwurf nimmt in diesen Fragen denselben 
Standpunkt ein. 
Bei besonders feuergefährlichen Risiken, z. B. bei Sägen 
kommt es vor, daß der Versicherer selbst dem Versicherten eine 
Selbstversicherung in der Weise auferlegt, daß ein bestimmter 
Prozentsatz unversichert bleiben, d. h. auf Risiko des Versicherten 
laufen muß; dies geschieht zu dem Zwecke, um den Versicherten 
zu besonderer Vorsicht anzuhalten und ihn an der Einführung 
von Verbesserungen des Risikos zu interessieren. 
Man kennt auch eine Versicherungsart, bei welcher ohne 
Rücksicht darauf, ob der volle Wert versichert wurde, stets der 
volle Schaden bis zur Höhe der Versicherungssumme vergütet 
wird. Diese Versicherungsform wird als Versicherung auf das erste 
Risiko oder mit einem französischem Ausdrucke als Premier- 
risque-Versicherung bezeichnet und wird am Kontinent nur in 
besonderen Ausnahmsfällen angewendet. Es ist klar, daß diese 
Versicherungsart ein großes Risiko sowohl für den Versicherten 
als auch für den Versicherer einschließt, für den Versicherten 
deshalb, weil der Schaden leicht die Versicherungssumme über 
steigen kann, der Versicherte erhält dann nicht den vollen 
Schadenersatz, und der wirtschaftliche Zweck der Versicherung 
ist vereitelt, für den Versicherer deshalb, weil die Schätzung der 
dem erhöhten Risiko entsprechenden Prämie ohne langjährige 
statistische Beobachtungen eine fast unmögliche Sache ist. Nehmen 
wir z. B. an, daß in einem Lande durchschnittlich 80 Prozent 
aller vorfallenden Schäden 10 Prozent des Vollwertes der davon
	        
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