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frei die Versicherungssumme zu Beginn jedes Versicherungsjahres
dem wirklichen Werte gemäß herabzusetzen; so kann er z. B all
jährlich entsprechende Amortisationsquoten abschreiben lassen.
In praxi machen die Versicherten von diesem Rechte jedoch selten
Gebrauch, die steigende Preistendenz hat im Gegenteil, wm schon
früher erwähnt, ein Bedürfnis nach Mehrwertversicherungen
gezeitigt Feuervergicherer ergetzt; wie wir letzthin gesehen
haben, einen Brandschaden nur insoferne und insoweit, als er m
der Beschädigung oder Vernichtung der versicherten Gegen
stände besteht, d. h. er ersetzt, wie der , französische Ver
sicherer ganz präzise sagt, le domage matenel, den Material-
s 9 der österreichischen Versicherungsbedingungen sagt:
Die Versicherung soll im Schadenfalle nicht zu einem Gewinne
führen, sondern nur den Schaden an den vers ' c J e J en ’ n '
ständen nach ihrem wahren Werte zur Zeit des JJadenfa les
nicht auch den entgangenen Gewinn — ersetzen. Behufs Ermittlung
dieses Wertes wird demnach die schon vor dem Schadenfalle
durch Alter. Gebrauch, Mode, Systemveranderung Betriebsstill
stand oder durch andere Ursachen herbeigefuhrte Wertminde
rung in Abrechnung gebracht.”
Wir hören also im § 1, daß sich der Umfang der Haltung
nach dem Materialschaden bestimmt, der einen Materialwert vor
aussetzt, und hören dagegen im § 9, daß sich die Lotung
dem wahren Werte bestimmt. Es wird zum besseren Verständnisse
beitragen, sich diese beiden Begriffe an einigen Beispielen klar zu
maCh Wenn ein Einkehrgasthof mit großen Gasträumen und Stal
lungen, der in einem Bergwerksorte gelegen ist und infolge Er
schöpfung der Gruben und Verarmung des Ortes den größten
Teil seiner Kundschaft verloren hat, abbrennt, so besteht der
Materialschaden in den Kosten des Wiederaufbaues. Von diesen
Kosten geht vorerst die substantielle Entwertung ab die das
Gebäude durch Alter und Gebrauch erlitten hatte. Der wahre Wert
st aber nach § 9 unter weiterer Berücksichtigung der durch c i
Betriebsreduktion herbeigeführten Wertverminderung zu bestimmen.
Es ist unzweifelhaft, daß dieser Einkehrgasthof vor dem Brande
infolge der gesunkenen Verwertungsmöglichkeit eine kommerzielle
Entwertung erfahren hatte, und daß daher auch der durch den
Brand hervorgerufene Schaden nicht so groß sein kann, als er
wäre, wenn Zweckbestimmung und Verwertung sich gedeck
hätten. Der wahre Schaden würde in einem solchen Falle dem
Versicherten ersetzt, wenn man ihm im Falle eines Totalschadens
den Verkaufswert des Gebäudes vergütet, oder wenn man ihn im
Falle eines Partialschadens in den Stand setzte, die Gebäude m
dem Umfange wiederherzustellen, als es der zuruekgegangene
Betrieb erfordert, und wenn man ihm für die anderen Gebäude,