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ich Ihnen da erzähle, nur in der Theorie so klar und frei von allen
Zweifeln ist. In der Praxis wird sich der Brandschadenliquidator
sehr rasch davon überzeugen, wie wahr der Dichter spricht, wenn
er sagt: „Leicht nebeneinander wohnen die Gedanken, doch halt
im Raume stoßen sich die Sachen.”
Wenn allerdings ein Totalschaden vorliegt, dann kann
kein Zweifel herrschen, daß die Aufräumungskosten nicht zu
vergüten sind, denn es wurde der volle Wert vernichtet, und
dieser Wert wurde voll ersetzt; der Mehrschaden durch Auf
räumungskosten besteht nicht in der Beschädigung oder Ver
nichtung eines vor dem Brande vorhanden gewesenen Wert
elementes und kann daher nicht entschädigt werden. _
Anders aber, wenn nur eine Teilbeschadigung ein getreten
ist wenn z. B. eine Ziegelmauer vom Brande so beschädigt
wurde, daß sie abgetragen werden muß. Auch diese Abtragungs
kosten bestehen nicht in der Beschädigung oder V ermehtung eines
vorhandenen Materials oder eines vorhanden gewesÄen bach-
wertes, und ihr Ersatz wäre daher auf die Versicherung der Auf
räumungskosten zu verweisen. Der Sachschaden an der Ziegel
mauer wird gefunden, wenn man von ihrem um die Altersab
nützung gekürzten Herstellungswerte den Rimanenzenwert, das
ist den Wert der durch Abbruch zu gewinnenden Ziegel abzieht.
Welches aber ist dieser Rimanenzenwert? Der Versicherte wird
den Standpunkt vertreten, vom Werte des Abbruchmaterials seien
die Demolierungskosten abzuziehen, welche man aufwenden müsse,
um das Abbruchmaterial zu gewinnen. Durch Subtraktion der
Demolierungskosten vom Rimanenzenwerte werden dieselben
aber zum Schadenbeträge addiert, d. h. entschädigt. Wenn also
ein Partialschaden vorliegt, dann wird der Versichere^ auch wenn
eine besondere Versicherung der Aufraumungs- und Abtuhrkoste
nicht besteht, sich der Vergütung der Demolierungskosten kaum
entziehen können. •
Ich habe bei diesem Falle etwas langer verweilt, weil ei em
lehrreiches Beispiel dafür bietet, daß wir Feuerversicherer niemals
doktrinär sein dürfen und sein können. Wollte man doktnnai
sein, so dürften z. B. für einen brandbeschadigten I ensterstock,
der zum Zwecke der Reparatur aus der Mauer herausgenommen
werden muß, bloß die Kosten der Reparatur und der Wiederein
setzung, nicht aber die Kosten der Herausnahme vergütet werden
weil letztere Kosten im Sachwerte nicht enthalten waren und
daher auch nicht vernichtet werden konnten. Fm solcher Stand
punkt würde aber natürlich jede Schadenregulierung unmöglich
ixn.c hon
' Es ist übrigens auffallend, daß derartige Doktorfragen nur
bei der Gebäudeversicherung auftreten. Es hängt dies damit zu
sammen, daß wir gewohnt sind, bei der Gebäudeversicherung vom
Herstellungswerte auszugehen. , .
Wenn bewegliche Gegenstände, z. B. Maschinen nach einem