Full text: XV. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (15)

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ich Ihnen da erzähle, nur in der Theorie so klar und frei von allen 
Zweifeln ist. In der Praxis wird sich der Brandschadenliquidator 
sehr rasch davon überzeugen, wie wahr der Dichter spricht, wenn 
er sagt: „Leicht nebeneinander wohnen die Gedanken, doch halt 
im Raume stoßen sich die Sachen.” 
Wenn allerdings ein Totalschaden vorliegt, dann kann 
kein Zweifel herrschen, daß die Aufräumungskosten nicht zu 
vergüten sind, denn es wurde der volle Wert vernichtet, und 
dieser Wert wurde voll ersetzt; der Mehrschaden durch Auf 
räumungskosten besteht nicht in der Beschädigung oder Ver 
nichtung eines vor dem Brande vorhanden gewesenen Wert 
elementes und kann daher nicht entschädigt werden. _ 
Anders aber, wenn nur eine Teilbeschadigung ein getreten 
ist wenn z. B. eine Ziegelmauer vom Brande so beschädigt 
wurde, daß sie abgetragen werden muß. Auch diese Abtragungs 
kosten bestehen nicht in der Beschädigung oder V ermehtung eines 
vorhandenen Materials oder eines vorhanden gewesÄen bach- 
wertes, und ihr Ersatz wäre daher auf die Versicherung der Auf 
räumungskosten zu verweisen. Der Sachschaden an der Ziegel 
mauer wird gefunden, wenn man von ihrem um die Altersab 
nützung gekürzten Herstellungswerte den Rimanenzenwert, das 
ist den Wert der durch Abbruch zu gewinnenden Ziegel abzieht. 
Welches aber ist dieser Rimanenzenwert? Der Versicherte wird 
den Standpunkt vertreten, vom Werte des Abbruchmaterials seien 
die Demolierungskosten abzuziehen, welche man aufwenden müsse, 
um das Abbruchmaterial zu gewinnen. Durch Subtraktion der 
Demolierungskosten vom Rimanenzenwerte werden dieselben 
aber zum Schadenbeträge addiert, d. h. entschädigt. Wenn also 
ein Partialschaden vorliegt, dann wird der Versichere^ auch wenn 
eine besondere Versicherung der Aufraumungs- und Abtuhrkoste 
nicht besteht, sich der Vergütung der Demolierungskosten kaum 
entziehen können. • 
Ich habe bei diesem Falle etwas langer verweilt, weil ei em 
lehrreiches Beispiel dafür bietet, daß wir Feuerversicherer niemals 
doktrinär sein dürfen und sein können. Wollte man doktnnai 
sein, so dürften z. B. für einen brandbeschadigten I ensterstock, 
der zum Zwecke der Reparatur aus der Mauer herausgenommen 
werden muß, bloß die Kosten der Reparatur und der Wiederein 
setzung, nicht aber die Kosten der Herausnahme vergütet werden 
weil letztere Kosten im Sachwerte nicht enthalten waren und 
daher auch nicht vernichtet werden konnten. Fm solcher Stand 
punkt würde aber natürlich jede Schadenregulierung unmöglich 
ixn.c hon 
' Es ist übrigens auffallend, daß derartige Doktorfragen nur 
bei der Gebäudeversicherung auftreten. Es hängt dies damit zu 
sammen, daß wir gewohnt sind, bei der Gebäudeversicherung vom 
Herstellungswerte auszugehen. , . 
Wenn bewegliche Gegenstände, z. B. Maschinen nach einem
	        
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