Full text: XVI. Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (16)

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meistens zirka 6 Fuß Höhe, aus deren knorrigen Ästen zahlreiche 
kleine Zweige emporstreben, was ihnen das Aussehen unserer gekappten 
Weiden gibt. Er gedeiht am besten in fruchtbaren, gut bewässerten 
Ebenen, namentlich in West-Szechuan im Min-Tal, in der Präfektur 
Kia Ting Fu; ferner auch in einigen anderen der eben genannten 
Provinzen, allerdings nicht mit dem raschen Wachstum wie in 
West-Szechuan. 
Die Insektenzucht und Wachsgewinnung in West- 
Szechuan. Diese erfolgt, wie oben bereits angedeutet, in zwei ver 
schiedenen Gegenden, und zwar in folgender, merkwürdig scharfsinniger 
Arbeitsteilung: 
1, Die Zucht des Wachsinsektes im Kien Ch’ang-Tal. 
Das Zentrum derselben ist das in den sogenannten „Szechuan 
Alpen”, 5000 Fuß über dem Meeresspiegel gelegene, fruchtbare, von 
dem An-Ning-Fluß durchströmte Kien Ch’ang-Tal, mit der Präfektur 
Ning Yuan Fu (etwas östlich vom 102. Längegrad, südlich vom 
108. Breitegrad. Der oben erwähnte An-Ning Ho mündet in den Ya- 
Lung Kiang, eben vor dessen Vereinigung mit dem Yangtsze, hier 
Chin Sha-Kiang „Gold-Sand-Fluß” genannt). Fis wird dieses Tal noch 
von den „Ureinwohnern”, einer von den Chinesen verschiedenen und 
fast unabhängigen, noch wenig erforschten Rasse bewohnt, den Lolos 
(„wilde Jäger" auch Man-Tze „Süd-Barbaren" genannt). 
Die Bevölkerung beschäftigt sich hier bis Ende April mit der 
bereits beschriebenen Zucht des Wachsinsektes, respektive der Gewin 
nung der die Eier enthaltenden, gallenartigen Muttertiere, auf dem 
ähnlich wie der Maulbeerbaum in Reihen von zirka 12 Fuß Entfernung 
mit großer Sorgfalt gepflanzten und gepflegten Ligustrum oder In 
sektenbaum. 
Ende April werden diese Gallen geerntet und zum größten 
Teil in der Stadt Te Ch’ang in der Nähe von Ning Yuan Fu am 
rechten Ufer des An-Ning-Flusses gesammelt und sorgfältig in Papier 
gepackt, und zwar in Pakete zu 1 Catty (Chinesisches Pfund ä 16 Unzen, 
605'4 Gramm), Von denen je 60 eine gewöhnliche Trägerlast darstellen. 
Anfang Mai wandert dann ein großer Teil der Bevölkerung (in guten 
Jahren über 10.000 Menschen) jeder mit einer Ladung Gallen auf dem 
Kopf nach der zirka 400 Kilometer nordwestlich von dem Kien- 
Ch’ang-Tale gelegenen Präfektur Kiating, dem Hauptzentrum . der 
Wachsgewinnung selbst. Es sind auf diesem Marsche schwierige Gebirgs 
züge zu durchqueren und der Weg kann nur des Nachts zurückgelegt 
werden, um das vorzeitige Ausschlüpfen der Insekten iniolge der 
Sonnenhitze zu vermeiden. Die Ladung wird tagsüber an einem kühlen 
Platze eingelagert, wobei aber trotz aller Vorsicht doch meist eine 
beträchtliche Zahl der Tiere den Paketen unterwegs entschlüpft. Atu 
diesen unvermeidlichen Gewichtsverlust, der bis zu einer Unze beträgt, 
mag es zurückzuführen sein, daß, wie Sir A. Hosie berichtet, das Ca,t\ 
hier zu 17, statt wie sonst zu 16 Unzen gerechnet wird. 
Der Transport muß innerhalb eines Zeitraumes von zirka 2
	        
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