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meistens zirka 6 Fuß Höhe, aus deren knorrigen Ästen zahlreiche
kleine Zweige emporstreben, was ihnen das Aussehen unserer gekappten
Weiden gibt. Er gedeiht am besten in fruchtbaren, gut bewässerten
Ebenen, namentlich in West-Szechuan im Min-Tal, in der Präfektur
Kia Ting Fu; ferner auch in einigen anderen der eben genannten
Provinzen, allerdings nicht mit dem raschen Wachstum wie in
West-Szechuan.
Die Insektenzucht und Wachsgewinnung in West-
Szechuan. Diese erfolgt, wie oben bereits angedeutet, in zwei ver
schiedenen Gegenden, und zwar in folgender, merkwürdig scharfsinniger
Arbeitsteilung:
1, Die Zucht des Wachsinsektes im Kien Ch’ang-Tal.
Das Zentrum derselben ist das in den sogenannten „Szechuan
Alpen”, 5000 Fuß über dem Meeresspiegel gelegene, fruchtbare, von
dem An-Ning-Fluß durchströmte Kien Ch’ang-Tal, mit der Präfektur
Ning Yuan Fu (etwas östlich vom 102. Längegrad, südlich vom
108. Breitegrad. Der oben erwähnte An-Ning Ho mündet in den Ya-
Lung Kiang, eben vor dessen Vereinigung mit dem Yangtsze, hier
Chin Sha-Kiang „Gold-Sand-Fluß” genannt). Fis wird dieses Tal noch
von den „Ureinwohnern”, einer von den Chinesen verschiedenen und
fast unabhängigen, noch wenig erforschten Rasse bewohnt, den Lolos
(„wilde Jäger" auch Man-Tze „Süd-Barbaren" genannt).
Die Bevölkerung beschäftigt sich hier bis Ende April mit der
bereits beschriebenen Zucht des Wachsinsektes, respektive der Gewin
nung der die Eier enthaltenden, gallenartigen Muttertiere, auf dem
ähnlich wie der Maulbeerbaum in Reihen von zirka 12 Fuß Entfernung
mit großer Sorgfalt gepflanzten und gepflegten Ligustrum oder In
sektenbaum.
Ende April werden diese Gallen geerntet und zum größten
Teil in der Stadt Te Ch’ang in der Nähe von Ning Yuan Fu am
rechten Ufer des An-Ning-Flusses gesammelt und sorgfältig in Papier
gepackt, und zwar in Pakete zu 1 Catty (Chinesisches Pfund ä 16 Unzen,
605'4 Gramm), Von denen je 60 eine gewöhnliche Trägerlast darstellen.
Anfang Mai wandert dann ein großer Teil der Bevölkerung (in guten
Jahren über 10.000 Menschen) jeder mit einer Ladung Gallen auf dem
Kopf nach der zirka 400 Kilometer nordwestlich von dem Kien-
Ch’ang-Tale gelegenen Präfektur Kiating, dem Hauptzentrum . der
Wachsgewinnung selbst. Es sind auf diesem Marsche schwierige Gebirgs
züge zu durchqueren und der Weg kann nur des Nachts zurückgelegt
werden, um das vorzeitige Ausschlüpfen der Insekten iniolge der
Sonnenhitze zu vermeiden. Die Ladung wird tagsüber an einem kühlen
Platze eingelagert, wobei aber trotz aller Vorsicht doch meist eine
beträchtliche Zahl der Tiere den Paketen unterwegs entschlüpft. Atu
diesen unvermeidlichen Gewichtsverlust, der bis zu einer Unze beträgt,
mag es zurückzuführen sein, daß, wie Sir A. Hosie berichtet, das Ca,t\
hier zu 17, statt wie sonst zu 16 Unzen gerechnet wird.
Der Transport muß innerhalb eines Zeitraumes von zirka 2