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daß wohl das Streben nach Verbilligung gemeinsam ist, seine In
tensität aber eine sehr verschiedenartige. Diese ist nämlich, wie
bereits in der Einleitung erwähnt, das Moment aus zwei Faktoren,
aus der Höhe der Worttaxe der betreffenden Destination und aus
der Häufigkeit des Telegraphieren, oder richtiger, der Zahl der
in einer bestimmten Zeiteinheit in dieser Relation zu telegraphie
renden Worte. Daß zwischen diesen beiden Faktoren, die wieder
so verschiedenartig sein können, unendlich viele Kombinationen
möglich sind, ist wohl klar, ebenso daß eine diesen Kombinations-
mögliehkeiteii nachgehende vernunftgemäße Abstufung der Code
formen sehr reichhaltig sein wird.
So leuchtet unmittelbar daraus ein, daß sich das Zusammen
treffen von so hohen Kabelraten, wie den obenerwähnten mit einer
hohen Frequentation zur Rentabilität kompliziertester Formen
steigern kann. Die weniger aufdringliche aber vielleicht der Häufig
keit wegen noch wichtigere Erkenntnis, welche dadurch vermittelt
wird, ist jedoch die, daß auch bei geringeren Worttaxen im europäi
schen Telegraphenverkehr, ja selbst im Inland, bei entsprechender
Verkehrsintensität die Anwendung von Codes — einfacherer Form
selbstverständlich — geboten erscheint; eine Erkenntnis, die in der
Praxis noch nicht sehr weit durchgedrungen ist, die aber einigen
mir bekannten Häusern eine nicht unbedeutende Spesenersparnis
verschafft. Allerdings spielt bei solchen Codes dann auch die
Handlichkeit, die Leichtigkeit im glatten Gebrauch eine relativ
größere Rolle, auf die noch zurückzukommen sein wird.
Auf welche Weise nun verfolgen die Codes diesen ihren
Zweck, mit welchen Mitteln, welchem Materiale können sie ar
beiten? Wie in der obigen Definition bereits gesagt, werden die
Mitteilungen zum Telegraphieren aus einer natürlichen Sprache in
die konzentriertere codistische übersetzt. Die Codes stellen also
eine Analogie zu den Wörterbüchern zwischen zwei natürlichen
Sprachen vor, nur daß sich hier nicht zur Übersetzung von Be
griffen je zwei Worte gegenüberstehen, sondern daß hier Gedanken,
also ganze Sätze der offenen Sprache in je ein Codewort über
tragen werden. Dies ist in letzter Linie das Wesen jedes Codes,
nur geschieht die Übertragung, abgesehen von der formell oft stark
abweichenden Organisation, nicht immer so einfach und direkt,
da die organische Einheit, mit der die Codes arbeiten, nicht bei
allen ihren Formen ganze Worte sind, sondern die Codeworte oft
in komplizierter Weise zusammengesetzt werden. Die Bezeichnung
„Wort” hat also in der Codistik einen ganz anderen Sinn als im
normalen Sprachgebrauch. Das Wort ist hier nicht der Ausdruck
eines Begriffes, sondern eines ihm willkürlich zugeordneten Ge
dankens. Auch ist nicht immer das Wort die Einheit, die eine
bestimmte Bedeutung trägt, sondern es kann aus Teilen mit selb
ständiger Einzelbedeutung zusammengesetzt werden. Ein „Wort”
bedeutet in der Codistik also eigentlich nur eine „Buchstaben
gruppe”, die nach Buchstaben, nach Silben oder als wirkliches