91
Sprache ist dann eingehalten, wenn der Text der Depesche gänzlich
in einer oder mehreren der zugelassenen Sprachen abgefaßt ist; hie
bei müssen also alle Worte natürliche sein und mit ihrer natür
lichen Bedeutung angewendet werden. Auch nur ein nicht ent
sprechendes Wort läßt den ganzen Text als geheim betrachtet und
dementsprechend taxiert werden! Die äußerste Wortlänge ist mit
15Buchstaben abgesteckt. Telegramme in verabredeter Sprache
sind solche, welche sich ganz oder teilweise aus Worten zusammen
setzen, die in einer oder mehreren der zugelassenen Sprachen
keinen zusammenhängenden Sinn ergeben. Diese Worte dürfen
maximal eine Länge von 10 Buchstaben haben und können also
natürliche mit unterschobener Bedeutung sein oder Kunstworte, für
die aber folgende Einschränkungen gelten. Sie müssen in einer der
Sprachen: „deutsch, englisch, französisch, holländisch, italienisch,
lateinisch, portugiesisch und spanisch” aussprechbar sein. Buch
staben mit Akzenten und Umlaute (wie ä, ö, e, n, l etc.) dürfen
sie nicht enthalten. Sprachwidrige Zusammenziehungen sind, wie
in der offenen, so auch als verabredete Sprache unzulässig.
Als chiffriert endlich gilt ein Telegramm dann, wenn sein
Text ganz oder teilweise unter keine der obigen Kategorien fällt,
also wenn er aus Zifferngruppen oder aus Buchstabengruppen,
die kein natürliches, respektive aussprechbares Wort bilden, be
steht. Für beide gilt die Grenze von 5 Einheiten, wobei in einer
Gruppe Ziffern und Buchstaben nicht gemengt Vorkommen dürfen,
usuelle Buchstabengruppen, wie cif, fob etc. gelten aber nicht als
chiffriert.
Was die Adresse betrifft, so muß diese mindestens 2 Tax
werte enthalten, und zwar Adressat und Bestimmungsort. Sie kann
verabredet sein („Telegrammadresse”), dann ist sie amtlich zu re
gistrieren (hierfür in Österreich Gebühr K 40'-— jährlich).
Telegramme ohne Text sind zulässig, ebenso solche ohne Unter
schrift.
Geschichtlich interessant ist zu bemerken, daß die jetzige
Fassung der Bestimmungen, die Lissaboner Revision, in den
Hauptlinien auf die Londoner von 1903 zurückgeht;, während
früher für die verabredete Sprache die Grenzen noch außerordent
lich viel enger waren durch die Verfügung, daß nur aus den an
geführten Sprachen entnommene Worte, natürliche W r orte bis
10 Buchstaben angewendet werden durften 1 ). Erst wenn man sich
überlegt, wieviele der heute gerade wichtigsten Codearten, so die
modernen Ziffern-Codes, überhaupt alle Zusammensetzungs-Codes,
nur durch die Sprengung solch enger Grenzen überhaupt ermög
licht wurden, ist die ganze Bedeutung dieses Fortschrittes in der
Londoner Revision zu erfassen.
i) Zu diesem Zwecke war in der Pariser Revision von 1896 beschlossen
worden, daß von dem Berner Bureau das amtliche Codewörterbueh, eine
Zusammenstellung zugelassener Codeworte, herausgegeben wurde. Obligatorische
■Geltung soll dasselbe aber nie erlangt haben.